Genuary Tipp 15/31: Samantha Fish

von Alex

Bei meinem heutigen Tipp dachte ich erst: Ja, ganz cool, aber schon x-fach gehört. Doch als ich tiefer in das aktuelle Album Faster (aus 2021) eintauchte, war ich positiv überrascht. Samantha Fish spielt nicht bloß Southern Rock. Nein, sie mischt ihn auf ansprechende Weise mit Syntipop Elementen. Und das klingt dann so:

Ja, Alex und der Syntipop, das ist wahrlich keine Freundschaft fürs Leben. Auch in der Albumbesprechung zu den Blood Red Shoes konnte ich mit dem Sound nicht viel anfangen (höre hier). Samantha Fish hat mir jedoch gezeigt, dass man nichts kategorisch ausschließen sollte. Es ist lediglich eine Frage der Umsetzung und der Dosierung. Die Dosis macht das Gift oder in diesem Fall: Die richtige Zubereitung macht das bekömmliche Mahl. Doch nicht nur der Syntipop transformiert welken Southernrock in ein junges, knackfrisches Gemüse. Auch ihre Anleihen in Richtung RnB, Rap und Blues tragen ihren Teil dazu bei. Die Nummer Loud lässt gar an Amy Winehouse erinnern, ehe der Rock Einzug hält:

Die musikbegeisterte Samantha drosch schon in jungen Jahren auf das Schlagzeug ein, ehe sie (erst) als Teenager zur Gitarre wechselte. Das meiste brachte sie sich selber bei. Als sie ein gewisses Niveau erreicht hatte, ließ sie sich von lokalen Bluesmusikern inspirieren, hörte und spielte aber auch Hard Rock, Americana und Bluegrass. Machen wir uns nichts vor: Ehrlicherweise haben Frauen es auch heute zumeist immer noch deutlich schwerer, irgendwo Fuß zu fassen, anerkennt zu werden, Respekt zu erhalten, als Männer. In Samanthas Heimatstaat,  dem konservativ geprägten Kansas (auch die Jazz- und Bluesszene ist extrem männerdominiert) mag das besonders spürbar sein. This is a man’s world! Um so beeindruckender, wenn Frau sich dort durchsetzt und mit Größen wie Buddy Guy oder Joe Bonamassa auftritt.

Und aktuell steht ein weiteres Feature ganz vorne im Schaufenster: Zusammen mit Südstaaten-Gitarrist Jesse Dayton, der wiederum schon musizierte mit Johnny Cash, Waylon Jennings und Willie Nelson, kam im Dezember druckfrisch die EP The Stardust Sessions auf den Markt, was die Houston Press hinreißen ließ, die beiden als „dynamisches Duo“ zu lobpreisen.

Ab März ist zumindest die eine Hälfte des dynamischen Duos in Deutschland auf Tour (Tickets gibt’s hier).

Interessante Links:
Samantha Fish auf YouTube
Samantha Fish im Bandcamp
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Genuary Tipp 14/31 Margaritas Podridas (Esli Meuly und Carolina Enríquez)

Von Felix

Ich gebe es zu, als ich im April 2021 das erste mal das self-titled Album von Margaritas Podridas hörte, habe ich nach fünf Liedern ausgemacht und diese Band erstmal wieder vergessen. Als dann im Dezember 2021 ein Auftritt bei KEXP erfolgte, erinnerte ich mich wieder an die Band und wunderte mich, warum sie beim ersten Hören bei mir so durchfielen. Ich finde es unglaublich gut, dass diese Band mit ihrer Musik, in ihrer Sprache bzw. ihren Texten, ihrer Attitüde und Besetzung keineswegs einen bequemen Pop-Punk oder reduzierten Alternative-Sound wählt, sondern – in meiner Wahrnehmung – auf großartige Art und Weise einen Noise-Rock-Grunge-Sound wieder aufleben lässt, den es so original und glaubhaft kratzig schon länger nicht mehr gab und der natürlich auch nicht zuletzt aufgrund der Zusammensetzung der Band sehr schön an die aktive Zeit von Sonic Youth erinnert. Seit diesem Auftritt folge ich der Kombo, um nichts Neues zu verpassen. Freunde dieses Stils sollten den Song Margaritas testen – inklusiver leidenschaftlicher Bearbeitung der Instrumente aller Beteiligten Musikerinnen und Musiker dieser Band.

Verfolgt man die Band bei z.B. hier bei Instagram oder anderen Plattformen, fällt durchaus auf, dass sie gerne provozieren und dabei auch bewusst sexistische Tendenzen bei ihren Followern oder Sympathisanten triggern. Wie bei der letzten Veröffentlichung No Quiero Ser Madre aus dem August 2022, bei der das gewählte Cover und der Text Anlass genug für Diskussionen waren, dabei ist es in erster Linie geile und eben nicht belanglose Musik, aber überzeugt euch doch einfach selbst.

Neben dem einen Album gibt es noch einige Singles. Aktuell könnt ihr alles gut komprimiert hier über Bandcamp streamen. Die paar Tonträger waren schnell weg und sind jetzt leider recht teuer, ich hoffe, dass da in Zukunft noch etwas Neues (oder auch das „alte“ Zeug) nachkommt. Ansonsten wäre es das mit dem nach Violencia gleich zweitem Tipp einer Band aus Mexiko. Ich schließe mit meinen persönlichen Lieblingssongs der Band: der erste ist der Opener des Albums und heißt Pétalos Mordidos – musikalisch allein durch den Bass für mich eine kleine Zeitreise. Der zweite Song Chant ist ursprünglich unter dem Namen Rotten Daisies erschienen und auf Englisch gesungen. Die spanischen Lyrics gefallen mir eigentlich besser, aber dieses Lied weckt doch eine tiefe Sehnsucht nach unverkrampfter Grunge-Musik.

Genuary Tipp 13/31: The Pack A.D.

von Alex

Ich mag Kanada, obwohl ich noch nie da war. Ich bewundere es aus der Ferne. Kanada ist wie der bescheidene kleine Bruder der USA. Wie der schüchterne Schüler, der die Antwort besser weiß, als die meisten seiner Klassenkameraden, der sich aber nie meldet. Da trifft es sich doch gut, dass das heutige Duo genau aus diesem Land stammt, wohnhaft in der laut Economist fünft lebenswertesten Stadt der Welt: Vancouver (Stand 2022).

Bereits 2006 gegründet, zeichnet Becky Black (Gesang/Gitarre) und Maya Miller (Drums) vor allem ihre Live-Power aus. Der dichte Klangteppich, den die beiden auf ihren Gigs auswerfen, muss den Vergleich mit Zwei-Kopf-Combos wie den White Stripes oder auch Royal Blood nicht scheuen.

In einer geplanten Podcast-Folge, die vermutlich im März veröffentlicht wird, sprechen wir über Musik in Filmen und Serien. Auch ein Thema für The Pack A.D.! Denn ob nun Spielfilme wie The Collection, Serien wie The L-Word, Riverdale, Shameless oder Animal Kingdom oder das Videospiel Nascar Heat 3 – der Output des Duos scheint hinsichtlich Sync-Deals bei Filmemachern und Spieleproduzenten gleichermaßen hoch im Kurs zu stehen.

Yes, I know – zu hören in The L-Word, Riverdale, Animal Kingdom…

Ihr achtes und bisher letztes Album It Was Fun While It Lasted (2020) ist wie ein Schlag in die Magengrube. Über zwölf Songs und 38 Minuten sehe ich mich in einer kleinen kanadischen Garage sitzen – mit zwei wütenden Frauen an ihren Instrumenten.

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Genuary 2023 Tipp 12/31 Bishop Briggs

Auch im Poprock gibt es immer wieder Bands, Künstlerinnen und Künstler zu entdecken, die aufgrund ihrer entweder etwas unkonventionellen Art, oder ihres künstlerischen Approaches in ihrer Musik posiitiv aus der breiten Masse hervorragen. Eine davon ist in meinen Augen Sarah Grace McLaughlin alias Bishop Briggs. Die 30-jährige Engländerin, die mittlerweile in Los Angeles lebt, ließ sich von dem Heimatort ihrer schottischen Eltern zu ihrem Künstlernamen inspirieren – Bishopbriggs ist ein nördlicher Stadtteil Glasgows. Bisher hat sie zwei Studioalben und diverse Singles und Features herausgebracht. 2019 erschien das letzte Album Champion. Auf diesem Album ist von Indie-Pop zum Teil mit gut arrangierten Beats über Songwriter-Songs, ruhigen Balladen bis zu Gospel-inspirierten und rockigeren Stücken eine abwechslungsreiche Bandbreite vorhanden, in der sie ihre Stimme ebenso vielfältig, mal ruhig und zerbrechlich, oft kraftvoll und laut intensiv einsetzt. Wie z.B. auch im titelgebenden Track Champion. Hier in der Version einer Live Performance:

Dieses Album allein gibt damit einen Eindruck in die facettenreiche musikalische Begabung einer Persönlichkeit, die auch auf Social Media-Kanälen (z. B. hier auf Instagram) und öffentlichen Auftritten zeigt, dass sie immer einen recht hohen Anspruch an sich und ihre Kunst hat. Was sich hier aber sehr positiv auswirkt, alleine die Artworks im Merchandise-Bereich sind sehr ansprechend gestaltet, aber natürlich auch ihre Auftritte und Outfits wirken eher von Stimmungen inspiriert als von langer Hand durchgeplant und durchchoreographiert. Sie ist eine Musikerin, die durch und mit Musik sehr stark Emotionen aufnimmt und repräsentiert. Diese werden dann in den Videos häufig künstlerisch inszeniert. Das betrifft sowohl ihr Auftreten auf Live-Bühnen wie auch ihre Gestaltung der Musikvideos. Ein gutes Beispiel ist das Video zu dem Song River.

In den USA ist Bishop Briggs sehr bekannt, von daher ist sie alles andere als ein Geheimtipp. In Europa kommt davon immer recht wenig an, was sehr bedauernswert ist. Ich mag es sehr gerne, wenn man auch im Pop-Bereich Künstlerinnen und Künstler hat, die etwas unkonventionell daher kommen und auch in Kauf nehmen, durch ihre Performance den einen oder anderen standard Pop-Fan wieder zu vergraulen. Ansonsten würde man das Knacken der 1 Million YouTube-Follower vermutlich nicht so feiern wie Bishop Briggs es getan hat. Dieser Clip befindet sich mitten zwischen ihren gut sortierten Musikvideos und zeigt auch ihre humorvolle Seite.

Aber zurück zur musik, ich erwähnte ja schon, dass das letzte Album Champion schon alleine sehr viele Facetten bereithält und so möchte ich diese Empfehlung für heute auch mit einem meiner Lieblingstracks von diesem Album schließen: Das Lied Someone Else ist eine klassische Ballade, die musikalisch treffend reduziert ist und eben auch hier wieder vordergründig vom Gesang gesteuert wird und mit einem schönen Text versehen ist: All I wanna do is be alone / Write a song by myself / All I wanna do is be alone / Lose my phone / Be someone else

Genuary Tipp 11/31: Leo In The Lioncage (Leonie Vierk)

von Alex

Australien, Sambia, Libanon, Israel, Argentinien und viele andere spannende Länder: In den drei Jahren Genuary sind wir bereits um die halbe Welt gereist. Doch heute bleiben wir stumpf zu Hause – da ist es bekanntlich auch sehr schön und besser für den ökologischen Fußabdruck ist es ohnehin. Ein Glück also, dass es auch in der Heimat viele interessante Musikerinnen gibt.

Zum Beispiel Leonie “Leo“ Vierk, die Sängerin der aufstrebenden Neun-Kopf-Combo Leo In The Lioncage. Die Band aus Norddeutschland (Kiel, Hamburg, Lübeck) bedient sich vieler tanzbarer Stilrichtungen. Ich würde ihre Musik als schmackhaftes Potpourri aus Funk, Soul und Reggae bezeichnen. Die Vorbilder vom Cat Empire lassen grüßen! Von Katzen zu Löwen… Mir gefällt es jedenfalls außerordentlich gut, wenn junge Bands gerade nicht das machen, was alle machen. Authentizität, Originalität und Bandbreite sind bei Leo und ihren acht Löwen absolut gegeben:

Leonies Bruder Laslo sitzt bei Leo In the Lioncage am Schlagzeug

Die Biographie der Band liest sich im Zeitraffer wie folgt: Vor gut sechs Jahren gegründet erschien Ende 2019 die wunderbar groovende EP Dawn and Day. Leonies Stimme ist nicht nur auf der Debüt-EP von souliger Dichte – schon zu Anfangszeiten konnte die Range in Coversongs wie Settle the Score von den Australiern Cookin‘ on 3 Burners oder in Stevie Wonders Superstition bestaunt werden . Auf vielen Festivalbühnen erarbeitete sich die Band flugs eine treue Angängerschaft und wurde ebenfalls in 2019 mit dem Kieler Kulturpreis für Musiker*innen belohnt. 2020 dann die Single Little Darlin‘ – mit eigenem Musikvideo.

Im Lockdown 2020 hat sich die Band zudem etwas ganz besonderes einfallen lassen: Im Projekt #homeoffice performte sie wöchentlich die Songvorschläge der Community: Konzerte aus neun Wohnzimmern in die vielen Wohnzimmer der Fans.

Ja, liebe Musikmenschen, es scheint angerichtet zu sein. Ohne jemanden unter Druck setzen zu wollen: Ich denke, 2023 könnte es Zeit werden für das erste eigene Album… Einen Abnehmer findet die Band im Wellenbrecherbereich. Ganz sicher.

Edit: Die Band hat uns verraten, dass dieses Jahr mit einem 11-Track-Konzeptalbum zu rechnen ist. Titel: New Oceans

Interessante Links:
Leo In The Lioncage bei Instagram
Website
Leo In The Lioncage auf YouTube