ZSK im Schlachthof, Bremen, 25.03.2022

Support: Blaufuchs

großartiges Bild von moin.manon via ZSK Instagram

Corona wird uns alle noch lange begleiten. Umso wichtiger also, dass man wieder Möglichkeiten und Räume schafft, in denen Clubs, Kneipen, Theater – einfach alle Kulturschaffenden – wieder Programme stattfinden lassen können.

Hygienekonzepte und Statusüberprüfungen am Einlass werden in nächster Zeit zum Alltag gehören. Das heißt also auch, dass wir uns künftig am Einlass häufiger ans Schlangestehen gewöhnen müssen, also denkt dran, euch zum Wegbier noch ein Schlangenbier einzupacken, wenn ihr künftig zu Konzerten aufbrecht.

Ich nutze das jetzt direkt mal, um der gesamten Schlachthof-Crew ein großes Lob auszusprechen, denn eigentlich verlief am vergangenen Freitag schon ziemlich viel bereits wieder ziemlich gut. Euer Team hat immer eine sehr angenehme und trotzdem verbindliche Art – da könnten sich manch andere Teams gerne etwas abgucken!

Beim ZSK Konzert war leider auch deutlich zu spüren, dass sich viele noch unsicher sind, oder sich bei dem Gedanken in einer größeren Menschenmenge in einem geschlossenen Raum zu sein, unwohl fühlen und die Kesselhalle so leider nur zu etwa einem Drittel gefüllt war. Da hat einfach jeder Mensch aktuell noch sein eigenes Tempo.

Außerdem werden wir wohl auch noch eine Zeit lang mit weiteren Absagen rechnen müssen. So wie an diesem Abend leider mit der Absage von Smile and Burn, die aufgrund positiver Tests absagen mussten, was ich persönlich sehr bedauerlich fand, weil ich sie sehr gerne live erlebt hätte. Aber gut, es wird sicher nicht die letzte Gelegenheit gewesen sein.

Jetzt aber endlich zum Abend: Eröffnet haben den Abend Blaufuchs mit einer Mischung aus Emo und Pop-Punk. Das war ein ordentlicher Einstieg und der Wellenbrecherbereich behält euch auch im Auge. Als Support-Act hat man ja häufig keinen sehr leichten Stand, da man weiß, die weit überwiegende Mehrheit ist wegen einer anderen Band gekommen, trotzdem würde ich dem Sänger Johannes etwas Mut zusprechen: Es ist nicht nötig, sich selbst auf der Bühne so klein zu reden, auch wenn die eigenen Songs nicht straighten Punkrock bieten, sondern gelegentlich etwas ruhiger oder poppiger daherkommen. Am 20. Mai erscheint Blaufuchs‘ Album Daran Wird Es Nicht Scheitern und das darf man auch vor ZSK-Publikum mit breiter Brust repräsentieren. Als Vorgeschmack kann man schon Songs wie Scheitern oder das textlich sehr starke Mauern antesten. Von der EP Ein Teil Von Uns sind mir die Titel Bilder und Paris im Programm besonders aufgefallen – Blaufuchs hat zumindest schon mal Bewegung ins Publikum gebracht.

Dann legten nach einer kurzen Pause ZSK los. Lichter aus, Intro an und ich gebe zu, nach drei Jahren ohne Konzert, war ich doch etwas aufgeregt. Dann Kopfsprung in die Eröffnung: Alles Steht Still, Die Kids Sind Okay, Punkverrat! Was für ein geiler Start – danach waren spätestens alle wach und voll dabei. Zumindest vor der Bühne sah es auch aus wie immer, die Ränge waren, wie oben bereits geschrieben, leider recht leer, doch die Band hat es vorbildlich in den Hintergrund gespielt. ZSK waren gut aufgelegt und haben sympathisch und humorvoll durch den Abend geführt. Gelegentliche Animationen, ein wenig Interaktion mit Menschen aus dem Publikum („Er hat ein Tattoo auf dem Rücken!“). So kann man sagen, dass es ein insgesamt sehr kurzweiliger Konzertbesuch war. Ich persönlich habe auch keinen speziellen Titel vermisst. Logischerweise ist Alerta ZSKs Bett im Kornfeld und kam natürlich auch als abschließende Zugabe – Haltung zum Mitgrölen – geht immer. Etwas schade fand ich, dass das Anstimmen der Alerta-Rufe von Publikumsseite sich durch den ganzen Abend zogen, was ausgerechnet bei Joshis erklärender Ankündigung zum sehr persönlichen Song Stuttgart doch ziemlich deplatziert wirkte. Für mich ein weiteres Highlight des Abends. Genauso wie der im Ska-Rhythmus gespielte Titel Machs Gut und die ebenfalls sehr zum Mitsingen einladenden Stücke Alle Meine Freunde und Unser Herz, die dann wieder viel Bewegung in die Bude brachten.

Es war sehr schön, mal wieder so richtig Livemusik zu erleben und nicht nur sitzend mit Abstand oder gar nur am heimischen Bildschirm via Stream zu konsumieren. ZSK und Blaufuchs hätte ich eine vollere Bude gegönnt und trotzdem bin ich an dem Freitagabend sehr zufrieden nach Hause gegangen (also erst noch auf ein Entspannungsbier in die Kneipe – aber das tut nix zur Sache)

Am Ende noch ein kleiner Hinweis: Die geschätzten Kollegen von Away From Life haben hier das sehr erwähnenswerte Projekt Protest Sounds des Blaufuchs-Sängers Johannes einmal vorgestellt. Auf jeden Fall reinklicken!

#27 Die Ärzte Spezial – Teil 2 (Albumbesprechung Hell und Dunkel)

Wie letzte Woche bereits angeteasert, folgt heute unsere große Diskussion über die beiden aktuellen Ärzte Alben Hell und Dunkel (überall, wo es Podcasts gibt und hier oben über youtube). 37 brandneue Songs der offenbar nicht nur besten, sondern auch emsigsten Band der Welt bedeuteten auf der anderen Seite für den besten Rockcast der Welt 😉 ordentlich Überstunden vor dem Plattenspieler. Doch diese Zeit, so viel sei an dieser Stelle schon verraten, haben wir sehr gerne investiert.

Dank Marco erfahren wir auch heute spannende Hintergrundgeschichten zur Entstehung einiger Songs und zum Innenleben der Band.

Als schicke Neuerung haben wir zudem erstmals kurze Musikschnipsel ausgewählter Tracks für euch am Start, aber macht euch keine falsche Hoffnung: Unseren eigenen Gesang müsst ihr weiterhin ertragen. 😉

Also, schnappt euch ein Eis zum sofortigen Verzehr und hört am besten gleich rein. Denn wir brauchen dringend eure Unterstützung: Eines der Gitarrenriffs auf Dunkel klingt in den Ohren von Alex und Felix so verdammt bekannt… Doch wir kommen nicht drauf, woher wir es zu kennen glauben. Wer kann helfen?

Außerdem interessiert uns eure Meinung: Wie gefallen euch die beiden Werke und welches ist denn nun das wirklich und wahrhaftig, definitiv, ganz in echt und zweifellos bessere? Team Hell, Team Dunkel: Wo seid ihr?

PS: Gerüchten zufolge verlosen wir in der kommenden Woche eine schicke 7-inch-Vinyl-Single der Ärzte. Wer uns also noch nicht folgt, holt dies hier am besten flugs nach.

Sondaschule – Unbesiegbar (2022)

Im Februar erschien das elfte Studioalbum der Ska-Punk-Kombo aus Oberhausen. Mit Unbesiegbar meldet sich die Sondaschule durchaus eindrucksvoll zurück. Das Rad wird hier nicht neu erfunden, ich möchte auch keine langen Vergleiche mit den früheren Alben ziehen, sondern mich mit dieser Kritik einfach mal voll und ganz auf die neue Platte fokussieren.

Insgesamt betrachtet kann man sagen, dass man ein durchaus modernes Ska-Punk-Album hört, auf welchem sich die Band phasenweise auch anderer Stile bedient. Aber dazu später mehr.

Nach einem kurzen Intro folgt mit Gute Zeiten gleich ein richtig starker Opener, der mit viel Druck in den Bläser-Parts und hoffnungsvollem Text direkt zum Start eine absolut positive Duftmarke abgibt und der in dieser Form sicher auch hervorragend als Eröffnung für künftige Konzerte geeignet ist.

Lasst uns ein paar Pferde stehlen und Richtung Zukunft reiten, Die Welt gehört uns, jetzt kommen die guten Zeiten

Songs von diesem Kaliber finden sich zum Glück noch einige mehr. Ich verspreche mir selbst folgt direkt dem ersten Titel und kombiniert wunderbar abgestimmt einen stampfenden (aus meiner Sicht auf diesem Album besten) Ska-Part mit melodiösem Punkrock. Ähnlich sieht es bei den Titeln Beverly Hills und vertrauen, vertrauen, vertrauen aus.

Hast Du vielleicht gefällt mir ebenfalls aufgrund des positiven Ansatzes im Text, in dem es darum geht, dass zwar gerade alles zu Grunde geht, aber man sich trotzdem bzw. genau deshalb auch gelegentlich die Zeit nehmen muss, um mit lieben Menschen gute Sachen zu erleben. Dieser Track kommt außerdem mit einem fast schon Metal-Punk-tauglichen Gitarrensolo daher. Das ist bei einer Sondaschule-Platte soweit auch alles keine große Überraschung.

Was befindet sich also noch auf dem Album? Zusammengefasst: ein paar ruhigere Tracks dürfen natürlich nicht fehlen, was auch nicht weiter überrascht, aber dazu befinden sich noch einige musikalisch zeitgeistige Kompositionen auf Unbesiegbar. Dass also Grundsätze des Hip Hops oder keyboardunterstützte Fun-Pop-Elemente à la 257er integriert sind, ist durchaus überraschend, aber hier recht häufig anzutreffen: Dies ist z.B. in der ersten Strophe von Merkst Du nicht?! Oder auch in den Strophen bei Liebe für die Freaks – einem weiteren persönlichen Lieblingssong von mir – der Fall. Wirklich ein schöner Text, der herrlich ironisch betont, wer eigentlich mittlerweile schon alles so als Freak durchgeht: Du pennst auf Festivals im Zelt:

Dieses Muster setzt sich bei Songs wie Keine Zeit, Morgens um halb vier oder Was ich am liebsten mach weiter fort. Bei all diesen Liedern gibt es in der einen oder anderen Strophe eher poppige Passagen, die aber immer wieder durch überzeugende rockige Teile aufgefangen werden. Außer bei dem Titeltrack Unbesiegbar. So ist ausgerechnet der Titeltrack für meine Ohren eigentlich der schwächste Titel, hier kommt kein Turnaround, hier bleibt es schwer poppig.

Gerade für die eben genannten Lieder muss auch noch erwähnt werden, dass die Texte durchweg humorvoll verfasst sind, auch wenn sie eigentlich unlustige bis nervtötende Themen wie Flatearther und entgrenztem Konsum behandeln. Sofern man kein Punk-Purist ist, tragen die Texte definitiv dazu bei, dass auch diese Lieder gut hörbar bleiben:

Auch mein neues Klo hat vierundzwanzig Karat und in ca. achtzig Jahren ist das alles abbezahlt.

Die ruhigeren Titel wie Zwischen Ampeln und Laternen oder Bevor ich irgendwann mal geh‘ kommen solide daher. Sie wirken weder unpassend aufgesetzt noch zu rührselig, so dass auch hier festgehalten werden kann, dass sich diese Stücke ebenfalls gut ins gesamte Album einfügen, das mit 14 Titeln eine angenehme Länge vorweist, eine grundsätzlich durchdachte, aber auch nicht ganz so wichtige Dramaturgie innehat und von mir insgesamt als wirklich gutes Album eingestuft wird. Da ich vom Hören mehrfach Ohrwürmer bekam, die ich durch erneutes Hören zu bekämpfen versuchte, hat sich Sondaschule hier noch einen halben Wellenbrecher dazu verdient und kommt letztlich auf siebeneinhalb von zehn Wellenbrechern!

Ich gratuliere der Band zu dieser Platte, auch weil ich persönlich in den letzten Jahren vergleichsweise sehr wenig Ska und Ska-Punk gehört habe und durch diese Platte und eine weitere kürzlich erschienene (in Kürze mehr dazu hier im Blog) wieder voll Bock drauf habe. Das muss man auch erstmal so hinbekommen. Hut ab! Ich hoffe jetzt noch auf ein Sondaschule Konzert in 2022.

#26 Die Ärzte Spezial – Teil 1

Viel zu lange ließ die beste Band der Welt ihre Fans… im Dunkel! Doch 2020 – nach achteinhalb Jahren Funkstille – wurde es schlagartig Hell:  BELAFARINROD waren zurück mit einem eindrucksvollen Werk, welches sich binnen elf Monaten überraschend sogar zu einem Doppelalbum entwickelte.

In freudiger Erwartung der Buffalo Bill in Rom Sommertour – wir sind in Bremen am 20. August live dabei – wollen wir die kommenden Wochen für ein ausführliches Ärzte-Special nutzen.

Freut euch als Einstieg heute auf einen kurzweiligen Talk über die Ärzte im Allgemeinen: Wie stehen Alex, Felix und Gerrit zum Trio aus Berlin? Und was weiß Langzeitfan Marco zu berichten? Die Folge ist wie gehabt auf allen gängigen Streamingplattformen und Youtube abrufbar.

Am kommenden Wochenende gibt es dann eine detaillierte Albumbesprechung zu Hell und Dunkel mit vielen spannenden Hintergrundinfos zu Band, Songs und Produktion. Und natürlich einem abschließenden Fazit.

Rund machen wollen wir die Ärzte-Wochen dann mit einem dreckigen Dutzend Spezial – Best of Ärzte. Und einmal mehr sind wir vier an diese Aufgabe grundverschieden herangegangen. Hört unbedingt rein, denn ihr wisst ja: Worte haben Kraft und Musik ist älter als Kapitalismus, Baby!