#58 Is Rock Dead?

Ja, das sagen wir immer. Aber es stimmt ja auch immer: Ein ganz spannendes Thema haben wir heute für euch und uns vorbereitet. Wir sprechen über den Mythos, dass Rockmusik doch längst tot sei. Abgelöst von Elektro, Hip-Hop, Pop. Aber stimmt das wirklich? Und wenn ja, woran liegt das? Wer hat ihn begraben und wie wäre eine Wiederauferstehung möglich? Fragen über Fragen, die nach Antworten verlangen. Und um uns abschließend an diejenigen zu erinnern, die das Genre auf die eine oder andere Art großgemacht und mitgeprägt haben, spielen wir eine lockerflockige Runde: Erkenne die Legende! Mitraten absolut erwünscht! Seid dabei!

Und wie ist überhaupt eure Meinung zum Thema: Is Rock dead? Und welche Argumente habt ihr dafür oder dagegen?

The Cat Empire – Where The Angels Fall (2023)

Songs des Albums:
Thunder Rumbles
Boom Boom
Money Coming My Way
Deeper
Owl
Dance the Night Away
Be With You Again
Rock ‘n’ Roll
Coming Back Again
West Sun
Old Dog, New Trick
Oh Mercy
Walls
Drift Away

von Alex

Wer uns schon etwas länger (ver)folgt, weiß, dass ich durchaus ein Faible für Blechgeschmetter in meiner Musik habe – exemplarisch zu nennen seien die bereits im Wellenbrecherbereich thematisierten Moop Mama, Dubioza Kolektiv, La Vela Puerca, Leo In The Lion Cage oder eine Band, dessen Album wir voraussichtlich Anfang 2024 besprechen werden. Bleibt also dabei!

Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass sich auch die Australischen The Cat Empire – quasi als Godfather des Fusion-Brass – in meine Rotation gespielt haben. Bei Spotify schon länger verfügbar, wird das neunte Album des frisch zusammengewürfelten Ensembles in physischer Form erst ab dem 13. Oktober erhältlich sein. Ein Now Playing ist aber trotzdem drin. Doch vorher kurz zum geänderten Personal:

Ensemble-Roulette
Das Katzenimperium wurde immer schon um die Gründungsmitglieder Felix Riebl und Oliver McGill herumgebaut. Der dritte Mitbegründer Ryan Monro sowie viele weitere Mitglieder des langjährigen Stammpersonals (seit 2001) verließen die Band Ende 2021. Offiziell war dies die Auflösung. Doch Riebl und McGill hatten offensichtlich noch Bock. Ziemlich genau ein Jahr ist es her, als The Cat Empire über ihre Social Media Kanäle eine neue Zusammensetzung verkündete. Vor allem die von den Seychellen stammende Grace Barbé (Bass und Gesang) sticht dabei ins Auge und Ohr.

Ein Donnergrollen ausgelöst durch Spaß und Spielfreude
Das erste Album in ziemlich neuem Gewand startet ganz puristisch. Die tief in die Eingeweide fahrenden Töne des Sousaphons drücken die richtigen Knöpfe und so folgt ein verheißungsvolles Kopfnicken bei den Hörern fast zwangsläufig. Binnen Sekunden. Was sich musikalisch anschließt darf mit Fug und Recht als Cat Empire Classic verbucht werden, welcher den Hits des starken Vorgängeralbums Stolen Diamonds (mehr zum gescheiteren Erwerb der Platte nach der Rezension) in nichts nachsteht: Bewegende Beats, treibende Bläser, konsonant warme Melodien und dazu eine hookähnliche Gesangslinie von Felix Riebl, die beim Rezensenten schnell steckenbleibt. Wer sich hier nicht bewegt und lauthals mitsingt, ist taub oder tot.

I like the lights that shine on the distant shore
I like the blinding city where my dreams are born
I like the rush and the shudder of the stadium roar
Where the underdogs rise and the giants fall
And the thunder rumbles…

Abrocken ohne Stromgitarren-Distortion: Riebl und Konsorten haben es schlicht drauf
Bleiben wir in der chronologischen Dramaturgie des Albums darf mit Boom Boom und Money Coming My way ansatzlos weitergefeiert werden. Aber mein ganz persönliches Highlight ist Dance The Night Away, das wie eine Hommage an die Mavericks daherkommt und mich unverhofft an meine Sympathie für den Teufel (Whoo, Whoo!) erinnert und an die zappeligen Verrenkungen eines positivverrückten Jerry Lee Lewis an seinem Klavier. Pleased to meet you… Ollie McGill! Versteht ihr nicht? Dann anhören!

der Song wurde geschrieben für Riebls kleine Tochter, die offenbar gerne und viel tanzt

Auch die Ausgewogenheit passt
Aber ein gelungenes Album besticht nicht durch “die ewige Wiederkehr des Gleichen“, sondern durch ausgewogene Vielfalt. So ist Where The Angels Fall nicht nur geeignet als Untermalung für schwülwarme Cocktail-Parties im Sommer, sondern – gerade im zweiten Teil – auch sehr interessant für musikalische Apnoetaucher. Mit Songs wie West Sun (Countryblues), Old Dog, New Trick (Salsa/Tex-Mex) oder dem verträumten Rausschmeißer Drift Away (50er-Jahre-Buddy-Holly-Everyday-Vibes, mitgeschrieben und -gesungen von Grace Barbé, zum Teil auf Kreolisch) wird jede Erwartbarkeit lässig links liegen gelassen und bei Be With You Again zaubert die Band eine gar magische, akkordeon-getragene Ballade von erfrischender Moderne mit berührendem Text in die Rillen des Vinyls.

Will I ever find my joy
Knowing you had so much pain?
Why should people hear my voice?
Next to yours it sings so plain
I can't reason it at all
Yeah they words just won't explain
I'm over here, you're on the other side
I wanna be with you again
der Text lässt vermuten, dass es um Verlust und Trauerbewältigung geht – großes Kino!

Fazit
Das neue Album mit neuem Ensemble rumblet und boomt, es rockt, rollt und tanzt wie wir es aus der Vergangenheit gewohnt sind, aber zu gleichen Teilen driftet es auch tiefer. Und zwar dorthin, wo selbst die Engel (vor Staunen um)fallen. Absolute Kaufempfehlung: 8,5/10 Wellenbrecher.


Nachtrag zum Vorgänger Stolen Diamonds (aus 2019):
Bezugnehmend auf meinen allerersten Blog-Artikel zum Thema “Analoge Musikbeschaffung: Amazon vs. Einzelhandel“ darf ich an dieser Stelle noch schnell verraten, dass ich mir besagtes Album für 30,- Euro im Einzelhandel bestellt hatte. Nachdem ich wochenlang nichts hörte, rief ich nochmal an. Leider wurde meine Bestellung vergessen, obwohl ich extra persönlich vor Ort gewesen war. Man wollte die Platte schnell nachbestellen, um dann festzustellen, dass es inzwischen keine mehr gab – zumindest keine unter 100 Euro… Ärgerlich! Natürlich: Fehler passieren, keine Frage, aber leider war es in diesem Laden, dessen Name der Fairness halber nicht genannt wird, nicht das erste Mal. In solchen Fällen braucht sich niemand wundern, weshalb am Ende eben doch oft der Weg ins Internet gewählt wird. Und dabei muss es selbstverständnlich nicht immer Amazon sein. Es gibt auch gut sortierte Online-Shops von kleinen Anbietern.

Abschließend: Wer Stolen Diamonds zu einem fairen Preis abzugeben hat, hier schreibt ein dankbarer Empfänger.

#57 ZSK – Hass↯Liebe (2023)

Nein, ein mieses Wortspiel zum Titel des neuen Langspielers von ZSK mit Namen “Hass↯Liebe“ verbietet sich an dieser Stelle. Verschiedene Standpunkte in der Bewertung und verschiedene Schwerpunkte im Album gab es allerdings wirklich zu diskutieren und zu beleuchten. Hört jetzt rein in unsere lebhafte Review und lasst sehr gerne eure Meinung da: Wie hat euch ZSK’s siebtes Studioalbum gefallen?

„Tipps aus’m Pit“ zum Nachbetrachten (aus #56)

Marco: Die Nerven – Die Nerven (2022)
Zwar nicht unbedingt sein erklärtes Lieblingsgenre, aber nicht zuletzt dank der bemerkenswerten Texte, hat sich Marco mal näher mit dem Trio beschäftigt, das unsere damalige Interviewpartnerin Shitney Beers (höre hier) im letzten Jahr live supportete.
Gegründet 2010 von Julian Knoth und Max Rieger, haben sich die Schwaben nach inzwischen fünf Studioalben und unzähligen Gigs eine treue Anhängerschaft erspielt. Da dürfen es gerne auch mehr als 15 Sekunden Aufmerksamkeit sein. Für Fans von Tocotronic, aber nicht nur…

Felix: Zulu – A New Tomorrow (2023)
Ein spannender Tipp, der frischer kaum sein kann: Nach zwei EPs veröffentlichte Zulu erst vor einem halben Jahr ihr starkes Debütalbum, das Felix „umgeworfen“ hat. Die Band aus L.A., die kraftvollen Hardcore spielt und ihn bisweilen mit Punkelementen garniert, darf also getrost noch als Newcomer betitelt werden. Zwischen offener Rassismus-Kritik auf der einen und positiver Konnotation der afroamerikanischen Kultur, die selbstredend aus den USA nicht wegzudenken ist, auf der anderen Seite, bekommt das ausschließlich aus Black People bestehende Quintett es gekonnt hin, auch vermeintlich offenen, aufgeschlossenen Geistern den Spiegel der Vorurteile auf charmante Weise vorzuhalten. Respekt!

Alex: Die Diskographie und Schattensongs von R.E.M.
Immer mal wieder reizt es Alex, die Diskographien berühmter, bereits in Rente gegangener Bands auszugraben und nach großartigen Schattensongs zu tauchen. Bei R.E.M. gibt es davon eine ganze Menge zu entdecken, sogar schon auf dem Debüt „Murmur“, das 1983 – vor gut 40 Jahren – erschien und zu dem Alex aus diesem feierwürdigen Anlass ein Now Playing verfasst hatte (lese hier). Und selbst wenn man eine der berühmtesten Bands der 90er Jahre per se nicht “unterbewertet“ nennen kann, so sind es etliche ihrer Songs abseits der Radio-Singles allemal. Das, was Kurt Cobain sagt… Für weitere Infos zur Cobain-Stipe-Beziehung hört unbedingt rein in unsere Podcast-Folge und natürlich in die ellenlange Diskographie der Jungs aus Georgia.

Einer von Alex‘ All-Time-Favourites… Hier mit Neil Young

#56 Tipps aus’m Pit: September 2023

Nein, liebe Musikmenschen: Das Sommerloch hat uns nicht gänzlich verschluckt! Die Pause war dieses Jahr bloß etwas… ausgedehnter. Dafür öffnen wir euch heute mit ganz besonders viel Liebe, Empathie und Vorfreude die hübsch verzinkten Metallzäune zum Wellenbrecherbereich, wenn es wieder heißt: Was haben wir in der letzten Zeit Musikalisches gehört, gelesen, geschaut, gekauft, gemacht, gedacht… Die neuen Tipps aus‘m Pit – September-Edition*! Hört rein! Erkennt ihr nach all der Zeit noch unsere Stimmen? Und, ja: Eine fehlt – mehr dazu in der Folge:

* aufgenommen bereits vor der Sommerpause