Genuary Tipp 14/31 2022

Jen Majura, *Stuttgart

Als Gitarristin ist mir Jen Majura damals als Teil der Black Thunder Ladies – einer AC/DC Coverband – über den Weg gelaufen. Seither war die 38-Jährige sehr umtriebig: Zwei Soloalben (2015 und 2017), auf denen sie auch als Sängerin in Erscheinung tritt (hier als Drama Queen – ein Song vom kompromisslosen zweiten Album InZENity)…

seit 2015 fester Bestandteil von Evanescence (hier ein Song vom aktuellen Album The bitter truth, auf dem sie gemeinsam mit Amy Lee singt), musiziert mit Bands wie Knorkator oder Equilibrium und aktuell Mitglied des von ihr und Alen Brentini (Gitarrist, Songwriter und Produzent aus Kroatien) gegründeten Duos Something on 11. Das gleichnamige Debütalbum erschien Ende 2020 und klingt etwa so:

Bei Jen Majura gibt es musikalisch voll auf die Zwölf – oder eben elf. Man hört ihrem Songwriting stets an, dass sie in Kindertagen auch viele andere Instrumente ausprobiert hat. Rund, stimmig, keine weiteren Fragen offen lassend.

Um auch anderen Menschen, vor allem natürlich Kindern, die Magie der Musik näher zu bringen, betreibt Tausendsassa Majura eine Musikschule im sauerländischen Brilon. Hut ab vor so viel Kreativität und Tatendrang.

Mehr über Jen Majura: Website und Instagram

Genuary Tipp 12/31 2022

Gina Gleason aus Philadelphia, USA

Die Stoner-Progrock-Combo Baroness um Sänger und Gitarrist John Baizley ist vermutlich vielen Musikfreund*innen ein Begriff, feiert sie im nächsten Jahr ihr 20-jähriges Bestehen. Ich mag ihre staubtrockene Rockbarkeit. Und seit Gina Gleason als neue Leadgitarristin mit an Bord ist, stieg die Band nochmals in meinem Ansehen. Mit Gleasons Spiel und ihrer unterstützenden Stimme werden die Kompositionen um eine weitere, wichtige Nuance bereichert – so wie in Tourniquet vom letzten Album Gold & Grey (2019):

Heute soll es im Rahmen des Genuarys aber mehr um Gina Gleason, als um Baroness gehen. Und ihr Werdegang hat es durchaus in sich: Von 2012 bis 2017 verkörperte sie die Gitarre-spielende Muse im Cirque du Soleil Programm Michael Jackson: One im Mandalay Bay in Las Vegas:

siehe ab 1:00 Minute

Vor ihrer Anstellung im Cirque du Soleil war sie Teil gleich zweier Tribute Bands: Einer All-Female Metallica Coverband und einem King Diamond Tribute. Außerdem musizierte und tourte sie mit den Smashing Pumpkins oder Santana. Um so bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass die heute 30-jährige, erst im Alter von 14 mit dem Gitarre spielen begann.

In einem Interview machte Gina vor einiger Zeit Hoffnung, was Frauen in der Musik betrifft: Früher hätten die meisten Menschen auf Tour gedacht, sie sei die Freundin eines Musikers. Heute scheint es aber weitgehend angekommen und „anerkannt“ zu sein, dass auch Frauen Teil einer Band sein können, selbst in den männlich dominierten Genres.

Abschließend könnt ihr Baroness‘ Nummer Borderlines in einem etwas unkonventionellen Live-Video bewundern. Gina Gleason, die drei Songs auf dem aktuellen Album mitgeschrieben hat, harmoniert hier einmal mehr perfekt mit John Baizleys Spiel:

Instagram: Gina Gleason

Genuary Tipp 10/31 2022

Ebow

Die Rapperin erlangte kürzlich weitreichende Bekanntheit, als sie auf dem Ärzte Album Dunkel im Song Kerngeschäft über die Kommerzialisierung von Musik rappte (mehr zu Hell und Dunkel an anderer Stelle). Dem Wellenbrecherbreich ist die Ur-Münchenerin und Wahl-Wienerin mit kurdischen Wurzeln bekannt seit:

Neben der textlichen Message von Punani Power – gegen Sexismus und Intoleranz – legt sich Ebow im Video auch unterschwellig mit dem Hochglanz-Fetisch der Popkultur an. Siehe da, es braucht doch kein Lipgloss oder knappe Kleidung, um Musik zu machen. Trainingsanzug und Gesundheitslatschen reichen. Optik hat keinen Einfluss auf das musikalische Niveau. Wer hätte das gedacht?
Ob nun Solo oder als Teil der Gaddafi Gals mit Sängerin Nalan: Ebow provoziert bewusst und polarisiert damit, wie im Song Schmeck mein Blut (um die eingangs erwähnten Ärzte zu zitieren: Dürfen die das?):

Ebows Mutter, damals ebenfalls aktiv auf der Straße im Kampf gegen Diskriminierung, hat Angst um ihre Tochter, verrät Ebow, gibt es doch mehr als genug Menschen, die mit einer rappenden, muslimischen Queer-Frau nichts anfangen können – diplomatisch formuliert. Für Ebow umso wichtiger, klar Stellung zu beziehen, für sich, für ihre Community. Sich „unsichtbar zu machen“ sei keine Option – so Ebow. Sie hat sich auf beeindruckende Weise für das genaue Gegenteil entschieden.

Genuary Tipp: 9/31: Pure Reason Revolution (Chloe Alper)

In unserer letzter Veröffentlichung des vergangenen Jahres – dem Dreckigen Dutzend Best of 2022 – hatte ich mir u.a. eine Nummer von dieser Band herausgepickt. Dead Butterfly zählt in seiner natürlich fließenden Struktur und seinem Facettenreichtum zum Besten, was ich in 2022 gehört habe.

Die Band hinter diesem Song kann sich glücklich schätzen, mit Chloe Alper nicht nur eine tolle Sängerin, sondern auch Musikerin in ihren Reihen zu haben (hauptsächlich Keyboard und Bass). 2003 an der Londoner Westminster University gegründet, kristallisierte sich schnell eine aufregende Mischung aus avantgardistisch sphärischem Rock und down to Earth Elektro heraus. Nach vier Alben und einer kurzzeitigen Schaffenspause, kam die dreiköpfige Band 2020 in mit ihrer knapp 48-minütigen Sechs-Track-LP (!) Eupnea fulminant zurück. Und 2022 dann eben Above Cirrus mit Dead Butterfly und anderen progressiven Songs. Der Bandname übrigens passt ideal zu meinem Blogartikel Literatur in der Musik (Link), denn Pure Reason Revolution steht für Immanuel Kants Kritik der reinen Vernunft.

Genuary Tipp 8/31 2022

The Warning aus Monterrey, Mexiko

Nur ein Wort: Bemerkenswert!

Das junge, unglaublich quirlige Schwestern-Trio hat bereits zwei komplette Alben in seiner Diskographie (per Crowdfunding finanziert und selbst produziert). Bei den Aufnahmen zum Debüt XXI Century Blood (2017) war die jüngste Schwester Alejandra (Bass) gerade einmal elf Jahre alt. Ernsthaft? Ja!

Nun erschien vor wenigen Wochen mit Animosity eine neue rockstarke Nummer (das Video von Webtoon passt erschreckend großartig zum Song). Dem nicht genug: Im Herbst letzten Jahres wurde bereits die EP Mayday rausgehauen. Auch das Teil rockt, als seien die Drei schon ganz alte Hasen.

Mit einer klassischen Klavierausbildung im Rücken ging es für die Villarreal Velez Schwestern über beachtenswert komponierten Poprock hin zur Straight ahead Rockmusik. Aber hört selbst, (live) action speaks louder than words:

Lieblingsstelle? Na klar, ab 2:25 Minuten.

Neben den fünf englischsprachigen Songs gibt es auf der EP auch diese spanische Perle. Überzeugender Gesang, ohrwurmbefeuernde Melodie, butterweiches Songwriting:

An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass The Warning spätestens ihr zweites Album Queen of the murder scene (2018) nicht selbst hätten produzieren müssen. Interessierte Plattenlabel gab es. Doch die Band wollte sich ihre Unabhängigkeit erhalten. Independent Rock im wahrsten Sinne des Wortes. Mit Lava Records haben Daniela (Gitarre und Gesang), Paulina (Drums) und Alejandra im Jahr 2020 offenbar ein Label gefunden, welches ihnen diese gewährt.

Abschließend drücke ich die Daumen, dass die Drei für ein paar Gigs schleunigst nach Europa, bevorzugt Deutschland, kommen. Am 15. März jedenfalls eröffnen sie erstmal für die Foo Fighters in Mexico City. Da werden viele, viele Menschen auf die jungen Mexikanerinnen aufmerksam werden. Wenn The Warning keine rosige Zukunft blüht, stünde es um die Vielfalt in der Musik wohl noch schlimmer als befürchtet. Mark my words!

Instagram: The Warning