Genuary Tipp 11/31: Leo In The Lioncage (Leonie Vierk)

von Alex

Australien, Sambia, Libanon, Israel, Argentinien und viele andere spannende Länder: In den drei Jahren Genuary sind wir bereits um die halbe Welt gereist. Doch heute bleiben wir stumpf zu Hause – da ist es bekanntlich auch sehr schön und besser für den ökologischen Fußabdruck ist es ohnehin. Ein Glück also, dass es auch in der Heimat viele interessante Musikerinnen gibt.

Zum Beispiel Leonie “Leo“ Vierk, die Sängerin der aufstrebenden Neun-Kopf-Combo Leo In The Lioncage. Die Band aus Norddeutschland (Kiel, Hamburg, Lübeck) bedient sich vieler tanzbarer Stilrichtungen. Ich würde ihre Musik als schmackhaftes Potpourri aus Funk, Soul und Reggae bezeichnen. Die Vorbilder vom Cat Empire lassen grüßen! Von Katzen zu Löwen… Mir gefällt es jedenfalls außerordentlich gut, wenn junge Bands gerade nicht das machen, was alle machen. Authentizität, Originalität und Bandbreite sind bei Leo und ihren acht Löwen absolut gegeben:

Leonies Bruder Laslo sitzt bei Leo In the Lioncage am Schlagzeug

Die Biographie der Band liest sich im Zeitraffer wie folgt: Vor gut sechs Jahren gegründet erschien Ende 2019 die wunderbar groovende EP Dawn and Day. Leonies Stimme ist nicht nur auf der Debüt-EP von souliger Dichte – schon zu Anfangszeiten konnte die Range in Coversongs wie Settle the Score von den Australiern Cookin‘ on 3 Burners oder in Stevie Wonders Superstition bestaunt werden . Auf vielen Festivalbühnen erarbeitete sich die Band flugs eine treue Angängerschaft und wurde ebenfalls in 2019 mit dem Kieler Kulturpreis für Musiker*innen belohnt. 2020 dann die Single Little Darlin‘ – mit eigenem Musikvideo.

Im Lockdown 2020 hat sich die Band zudem etwas ganz besonderes einfallen lassen: Im Projekt #homeoffice performte sie wöchentlich die Songvorschläge der Community: Konzerte aus neun Wohnzimmern in die vielen Wohnzimmer der Fans.

Ja, liebe Musikmenschen, es scheint angerichtet zu sein. Ohne jemanden unter Druck setzen zu wollen: Ich denke, 2023 könnte es Zeit werden für das erste eigene Album… Einen Abnehmer findet die Band im Wellenbrecherbereich. Ganz sicher.

Edit: Die Band hat uns verraten, dass dieses Jahr mit einem 11-Track-Konzeptalbum zu rechnen ist. Titel: New Oceans

Interessante Links:
Leo In The Lioncage bei Instagram
Website
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Genuary Tipp 9/31: Pure Reason Revolution (Chloe Alper)

von Alex

In unserer letzten Veröffentlichung des vergangenen Jahres – dem Dreckigen Dutzend Best of 2022 – hatte ich mir u.a. eine Nummer von dieser Band herausgepickt (höre hier). Dead Butterfly zählt in seiner fließenden Struktur und seinem Facettenreichtum zum Besten, was ich in 2022 gehört habe.

Die Band hinter diesem Song kann sich glücklich schätzen, mit Chloe Alper nicht nur eine tolle Sängerin, sondern auch Musikerin in ihren Reihen zu haben (hauptsächlich Keyboard und Bass). 2003 an der Londoner Westminster University gegründet, kristallisierte sich schnell eine aufregende Mischung aus avantgardistisch sphärischem Rock und Down To Earth Elektro heraus. Nach vier Alben und einer kurzzeitigen Schaffenspause, kam die dreiköpfige Band 2020 mit ihrer knapp 48-minütigen Sechs-Track-LP (!) Eupnea fulminant zurück. Im Video unten sprechen Komponist/Sänger/Gitarrist Jon Courtney (nein, nicht Jon Courtenay von Britain’s Got Talent!) und Chloe Alper sympathisch und ganz offen über die Entstehung des titelgebenden Songs:

Der Bandname übrigens passt ideal zu meinem Blogartikel Literatur in der Musik, denn Pure Reason Revolution steht für Immanuel Kants Kritik der reinen Vernunft.

Interessante Links:
Pure Reason Revolution auf Instagram
Pure Reason Revolution im Bandcamp

Genuary Tipp 7/31: Plush

von Alex

Nein, liebe Musikmenschen: Plush ist nicht nur ein launiger Stone Temple Pilots Evergreen, sondern auch der Name einer jungen, talentierten All-Female-Band aus den Staaten, die ich euch heute präsentieren möchte. Das Quartett besteht aus Moriah Formica (Gesang und Gitarre), Bella Perron (Gitarre), Ashley Suppa (Bass) und Faith Powell (Drums). Und trotz ihres jungen Alters – keine ist älter als Anfang 20 -, gibt es bereits eine beachtliche Liste an Künstlern und Bands, die sie als Support gebucht haben: Sevendust, Evanescence, Slash, Halestorm (siehe hier), Mommoth WVH u.a. Bespielt wurde dabei hauptsächlich ihr selftitled Debütalbum aus dem Jahr 2021. Offenbar kam das nicht nur bei den Fans der eben genannten Headliner an: Die Singles Hate und Better Off Alone kletterten in die Billboard Top 40:

Moriah Formica ist dabei nicht nur Frontfrau, Sängerin und Gitarristin der Band. Sie gab als Gründerin im Jahr 2020 auch den Startschuss; immer eifrig dabei Songs zu schreiben, die rocken und zugleich poppen. Von ihrem Vater als kleines Kind mit dem Rock-n-Roll-Virus angesteckt, begeistert sich Moriah seither für die Größen des Genres, spielt, singt und schreibt. Ihren ersten Song Lovestrong komponiert sie mit elf. Fünf Jahre später dann ging es zu The Voice – mit Crazy On You, einer Nummer der Seattle-70s-Band Heart mit Ann und Nancy Wilson. Heart existiert übrigens noch heute (letztes Album aus 2016).

Und apropos Rockgrößen: In der SiriusXM Live Session spielt die Band u.a. eine beeindruckend gute Coverversion von Alice in Chains‘ Down In A Hole, die nicht nur Moriahs Stimmumfang, sondern auch die Harmonie mit Ashley Suppa wunderbar aufzeigt. Über die Magie von Down In A Hole sprachen wir auch schon im Podcast und zwar hier (das Dreckige Dutzend – Best of Akustik).

Doch ob nun emotionale Cover oder eigene Kompositionen: Die heute 21-Jährige hat mit Plush noch viel vor, wenn sie sagt:
„The mission of Plush is to bring the heart of rock back to the mainstream with a new fresh spin on the sounds you already love. Plush hopes to inspire young women everywhere to follow their dreams, regardless of whatever challenges may lie in the way.“

Ich freu mich drauf!

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Genuary Tipp 5/31: Halestorm (Lzzy Hale)

von Alex

Im Wellenbrecherbereich geht nichts verloren, außer vielleicht mal ein nicht akkurat geschnürter Sneaker – oder eine verantwortungslos lockere Brille: In meinem Genuary Tipp 4/31 aus 2022 (In This Moment mit Maria Brink) bat ich, euch den Namen Lzzy Hale zu merken und zack, fast genau ein Jahr später schreibe ich schon von ihr und ihrer Band Halestorm. Ich weiß, kein Geheimtipp (Grammy ausgezeichnet, Silber (UK) und Platin (USA) fürs zweite Album erhalten) und auch kein neuer heißer Scheiß (das selttitled Debüt ist aus 2009), aber doch eine Truppe, um die es ruhiger zu werden schien. Deswegen hieß es 2022 auch ganz griffig Back From The Dead, als nach vier Jahren Abstinenz das fünfte Studioalbum das Licht der Welt erblickte. Das Warten hat sich gelohnt:

Dabei ist „Lzzy“, die eigentlich Elisabeth Mae Hale heißt, nicht nur singende Frontfrau, sondern auch passionierte Gitarristin und in ausgewählten Songs auch am Piano zuhause. Besonderen Spaß scheinen dem Multitalent neben dem Engagement in der eigenen Band, Features und Gastauftritte zu machen. Stone Sour, Machine Gun Kelly, Alter Bridge, Black Stone Cherry… die Liste der Partner ist lang. Andersherum blieb mir damals Halestorms Break In im Gedächtnis, in der Amy Lee von Evanescence zum Duett geladen wurde:

Ein Aspekt, der Halestorm und vor allem Lzzy, so besonders macht, ist das gekonnte Spiel zwischen kompromisslosem Hardrock und balladesken Emotionen auf gesanglichem Topniveau. Ob es nun Songs sind wie der eben genannte Break In oder auch Dear Daughter: Lzzy bleibt authentisch und auf beiden Parketts behände.

Interessante Links:
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Genuary Tipp 2/31: Leyla McCalla

von Alex

Aus der Rubrik „Expeditionen über den Tellerrand“ möchte ich euch heute die wunderbare Leyla McCalla vorstellen. Die 37-Jährige wurde als Tochter haitianischer Einwanderer in New York geboren und von Kindesbeinen an aktivistisch geprägt. Ihr Vater war bis 2006 der Geschäftsführer der National Coalition for Haitian Rights, ihre Mutter gründete eine  Menschenrechtsorganisation gegen häusliche Gewalt und ihr Opa, Ben Dupuy, betrieb die Haïti Progrès, eine sozialistisch-haitianische Zeitung mit Sitz in New York. Leyla selbst wuchs hauptsächlich auf der südlichen Seite der Bay – im nahegelegenen New Jersey – auf und ging dort zur High School. Als Teenager verbrachte sie zwei Jahre in der Ghanaischen Hauptstadt Accra.

Nach einem Jahr am Smith College ging es flugs weiter an die New York University, um dort Cello und Kammermusik zu studieren. 2010 wechselte sie ihren Wohnort und zog mit ihrer eigenen Familie in die jazzige Hochburg des Landes – ins Big Easy names New Orleans. Dort – vermehrt auf den Straßen des French Quarters – probierte sie musikalisch einiges aus. Zudem war sie ein erweiterter Teil der afroamerikanischen Stringband The Carolina Chocolate Drops (mit der nicht minder beeindruckenden Rhiannon Giddens). 2011 erhielt die Combo einen Grammy für das beste traditionelle Folkalbum des Jahres (Carolina Chocolate Drops and Luminescent Orchestrii).

Bis heute verbindet Leyla politischen Aktivismus und den Kampf gegen Ungleichheit und Rassismus mit ihrer geschichtsträchtigen Musik. In ihrem 2019 erschienenen Soloalbum Capitalist Blues – ihr bereits drittes und für mich eines der besten Alben des Jahres 2019 abseits des Rocks – ist der Name Programm. Textlich wird hier ohne viel Federlesens klar gemacht, was die talentierte Multiinstrumentalistin, die neben dem Cello u.a. auch Banjo und Gitarre spielt, von der Gier unserer westlichen Welt hält:

If a man has money today
People don’t care if he has coco peat??
He can commit murder
And get off free
Live in a governor’s company
But if you are poor
People tell you: Shu!
A dog is better than you

Die beißende Kritik ist gekonnt eingebettet in traditionelle und gleichzeitig moderne karibisch-kreolische Jazzklänge, zugedeckt mit einer Prise bluesiger Melancholie:

Mein persönliches Albumhighlight aber ist ein anderes: In der bleischweren Ballade Heavy As Lead geht es um die Sorgen einer Mutter, die mir ihrem Kind in den viel zitierten prekären Verhältnissen lebt, immer in Sorge, die Miete nicht zahlen zu können, immer in Habachtstellung, kaum Hoffnung aus eigener Kraft da rauszukommen:

This old house might swallow us whole
Begins with our family and soon it comes ‚round to our soul
We’re trying to grab ‚hold of what we can’t control
Always living here on the edge
And that little heart, so full and complete
Doesn’t worry ‚bout making ends meet
As the dust is settling on every street
I am filling up with dread
That’s got me feeling, feeling
Heavy as lead

Auch in ihrem neuesten Album – veröffentlicht im Mai 2022 – nimmt sich Leyla den Themen an, die oft im Verborgenen schlummern und mehr Gehör verdienen. Breaking The Thermometer To Hide The Fever behandelt die filmreife Geschichte des ersten privaten kreolischsprachigen Radiosenders in Haiti (Radio Haiti-Inter) und thematisiert damit auch eindrücklich die immensen Gefahren, denen sich die damals Beteiligten aussetzen mussten. Es geht um freie Meinungsäußerung, um Identität, um Standfestigkeit und Mut. Herausgekommen ist mehr als ein Stück Musik, das die Hörer*innen einfach mal „weg-konsumieren“. Vielmehr handelt es sich um eine vertonte, mit Musik gewürzte Dokumentation. In den Songs gibt es neben Leylas zerbrechlichen Melodien immer auch Interview-Ausschnitte der involvierten Personen zu hören. Was für eine tolle Idee!

Interessierte finden auf der eigens eingerichteten Website weitere Details zum Projekt (klicke hier).

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