Ich mag Kanada, obwohl ich noch nie da war. Ich bewundere es aus der Ferne. Kanada ist wie der bescheidene kleine Bruder der USA. Wie der schüchterne Schüler, der die Antwort besser weiß, als die meisten seiner Klassenkameraden, der sich aber nie meldet. Da trifft es sich doch gut, dass das heutige Duo genau aus diesem Land stammt, wohnhaft in der laut Economist fünft lebenswertesten Stadt der Welt: Vancouver (Stand 2022).
Bereits 2006 gegründet, zeichnet Becky Black (Gesang/Gitarre) und Maya Miller (Drums) vor allem ihre Live-Power aus. Der dichte Klangteppich, den die beiden auf ihren Gigs auswerfen, muss den Vergleich mit Zwei-Kopf-Combos wie den White Stripes oder auch Royal Blood nicht scheuen.
In einer geplanten Podcast-Folge, die vermutlich im März veröffentlicht wird, sprechen wir über Musik in Filmen und Serien. Auch ein Thema für The Pack A.D.! Denn ob nun Spielfilme wie The Collection, Serien wie The L-Word, Riverdale, Shameless oder Animal Kingdom oder das Videospiel Nascar Heat 3 – der Output des Duos scheint hinsichtlich Sync-Deals bei Filmemachern und Spieleproduzenten gleichermaßen hoch im Kurs zu stehen.
Yes, I know – zu hören in The L-Word, Riverdale, Animal Kingdom…
Ihr achtes und bisher letztes Album It Was Fun While It Lasted (2020) ist wie ein Schlag in die Magengrube. Über zwölf Songs und 38 Minuten sehe ich mich in einer kleinen kanadischen Garage sitzen – mit zwei wütenden Frauen an ihren Instrumenten.
Auch im Poprock gibt es immer wieder Bands, Künstlerinnen und Künstler zu entdecken, die aufgrund ihrer entweder etwas unkonventionellen Art, oder ihres künstlerischen Approaches in ihrer Musik posiitiv aus der breiten Masse hervorragen. Eine davon ist in meinen Augen Sarah Grace McLaughlin alias Bishop Briggs. Die 30-jährige Engländerin, die mittlerweile in Los Angeles lebt, ließ sich von dem Heimatort ihrer schottischen Eltern zu ihrem Künstlernamen inspirieren – Bishopbriggs ist ein nördlicher Stadtteil Glasgows. Bisher hat sie zwei Studioalben und diverse Singles und Features herausgebracht. 2019 erschien das letzte Album Champion. Auf diesem Album ist von Indie-Pop zum Teil mit gut arrangierten Beats über Songwriter-Songs, ruhigen Balladen bis zu Gospel-inspirierten und rockigeren Stücken eine abwechslungsreiche Bandbreite vorhanden, in der sie ihre Stimme ebenso vielfältig, mal ruhig und zerbrechlich, oft kraftvoll und laut intensiv einsetzt. Wie z.B. auch im titelgebenden Track Champion. Hier in der Version einer Live Performance:
Dieses Album allein gibt damit einen Eindruck in die facettenreiche musikalische Begabung einer Persönlichkeit, die auch auf Social Media-Kanälen (z. B. hier auf Instagram) und öffentlichen Auftritten zeigt, dass sie immer einen recht hohen Anspruch an sich und ihre Kunst hat. Was sich hier aber sehr positiv auswirkt, alleine die Artworks im Merchandise-Bereich sind sehr ansprechend gestaltet, aber natürlich auch ihre Auftritte und Outfits wirken eher von Stimmungen inspiriert als von langer Hand durchgeplant und durchchoreographiert. Sie ist eine Musikerin, die durch und mit Musik sehr stark Emotionen aufnimmt und repräsentiert. Diese werden dann in den Videos häufig künstlerisch inszeniert. Das betrifft sowohl ihr Auftreten auf Live-Bühnen wie auch ihre Gestaltung der Musikvideos. Ein gutes Beispiel ist das Video zu dem Song River.
In den USA ist Bishop Briggs sehr bekannt, von daher ist sie alles andere als ein Geheimtipp. In Europa kommt davon immer recht wenig an, was sehr bedauernswert ist. Ich mag es sehr gerne, wenn man auch im Pop-Bereich Künstlerinnen und Künstler hat, die etwas unkonventionell daher kommen und auch in Kauf nehmen, durch ihre Performance den einen oder anderen standard Pop-Fan wieder zu vergraulen. Ansonsten würde man das Knacken der 1 Million YouTube-Follower vermutlich nicht so feiern wie Bishop Briggs es getan hat. Dieser Clip befindet sich mitten zwischen ihren gut sortierten Musikvideos und zeigt auch ihre humorvolle Seite.
Aber zurück zur musik, ich erwähnte ja schon, dass das letzte Album Champion schon alleine sehr viele Facetten bereithält und so möchte ich diese Empfehlung für heute auch mit einem meiner Lieblingstracks von diesem Album schließen: Das Lied Someone Else ist eine klassische Ballade, die musikalisch treffend reduziert ist und eben auch hier wieder vordergründig vom Gesang gesteuert wird und mit einem schönen Text versehen ist: All I wanna do is be alone / Write a song by myself / All I wanna do is be alone / Lose my phone / Be someone else
Australien, Sambia, Libanon, Israel, Argentinien und viele andere spannende Länder: In den drei Jahren Genuary sind wir bereits um die halbe Welt gereist. Doch heute bleiben wir stumpf zu Hause – da ist es bekanntlich auch sehr schön und besser für den ökologischen Fußabdruck ist es ohnehin. Ein Glück also, dass es auch in der Heimat viele interessante Musikerinnen gibt.
Zum Beispiel Leonie “Leo“ Vierk, die Sängerin der aufstrebenden Neun-Kopf-Combo Leo In The Lioncage. Die Band aus Norddeutschland (Kiel, Hamburg, Lübeck) bedient sich vieler tanzbarer Stilrichtungen. Ich würde ihre Musik als schmackhaftes Potpourri aus Funk, Soul und Reggae bezeichnen. Die Vorbilder vom Cat Empire lassen grüßen! Von Katzen zu Löwen… Mir gefällt es jedenfalls außerordentlich gut, wenn junge Bands gerade nicht das machen, was alle machen. Authentizität, Originalität und Bandbreite sind bei Leo und ihren acht Löwen absolut gegeben:
Leonies Bruder Laslo sitzt bei Leo In the Lioncage am Schlagzeug
Die Biographie der Band liest sich im Zeitraffer wie folgt: Vor gut sechs Jahren gegründet erschien Ende 2019 die wunderbar groovende EP Dawn and Day. Leonies Stimme ist nicht nur auf der Debüt-EP von souliger Dichte – schon zu Anfangszeiten konnte die Range in Coversongs wie Settle the Score von den Australiern Cookin‘ on 3 Burners oder in Stevie Wonders Superstition bestaunt werden . Auf vielen Festivalbühnen erarbeitete sich die Band flugs eine treue Angängerschaft und wurde ebenfalls in 2019 mit dem Kieler Kulturpreis für Musiker*innen belohnt. 2020 dann die Single Little Darlin‘ – mit eigenem Musikvideo.
Im Lockdown 2020 hat sich die Band zudem etwas ganz besonderes einfallen lassen: Im Projekt #homeoffice performte sie wöchentlich die Songvorschläge der Community: Konzerte aus neun Wohnzimmern in die vielen Wohnzimmer der Fans.
Ja, liebe Musikmenschen, es scheint angerichtet zu sein. Ohne jemanden unter Druck setzen zu wollen: Ich denke, 2023 könnte es Zeit werden für das erste eigene Album… Einen Abnehmer findet die Band im Wellenbrecherbereich. Ganz sicher.
Edit: Die Band hat uns verraten, dass dieses Jahr mit einem 11-Track-Konzeptalbum zu rechnen ist. Titel: New Oceans
Im September 2022 hat Tess Parksihr neues Album And Those Who Were Seen Dancing herausgebracht. Ying und Yang im musikalischen Sinne bedeutet bei mir einerseits sehr harte Musik und ruhigere bis melancholische Musik andererseits. Ich brauche beides. Tess Parks erfüllt mit ihrem im Ansatz psychedelischen Rock oder Alt-Brit-Pop den ruhigeren Part.
Es ist ihr zweites Solo-Album. Das erste Blood Hot erschien 2013, dazwischen erschienen noch zwei Alben gemeinsam mit Anton Newcrombie (The Brain Jonestown Massacre). Ich bin erst mit dem neuen Album durch das Eröffnungslied WOW auf sie aufmerksam geworden.
Die Keys erinnern mich stark an ältere Brit-Pop-Bands, allerdings sind sie bei Tess Parks häufig anders eingebettet, eher in ein insgesamt etwas sphärisches Soundkonstrukt. Das war zu dem Zeitpunkt als ich das Lied entdeckte genau das, was ich gesucht habe. Diesen Titel höre ich mit Abstand am häufigsten, aber das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Album aus 2022 insgesamt gelungen ist. Die Lyrics sind bei ihr eher reduziert, wenngleich ihre Stimme schon sehr im Vordergrund steht. Das Album ist außerdem kein rein melancholisches Songwriter-Album, sondern durchaus abwechslungsreich. Die Zeitreise auf die britische Insel zieht sich für mein Gehör allerdings recht konsequent durch. Tess Parks selbst lebt in London, stammt ursprünglich aus Kanada und war kürzlich auch für einige Konzerte in Deutschland. Vielleicht folgen im Sommer / Herbst ja einige weitere Auftritte. Lieblings Songtitel ist der des Sprechgesang-Stückes Brexit at Tiffanys. Den eher visuell Geneigten empfehle ich überhaupt ihre Videos, die eine eigene spezielle künstlerische Ästhetik haben, die sie auch auf einigen Fotografien auf ihrer Homepage darstellt.
Natürlich habe ich dann auch Verpasstes aufgeholt und in die Vorgänger reingehört. Das erste Album war klanglich noch deutlich reduzierter und kommt auf jeden Fall im Gitarrensound rockiger rüber. Der Gesang hat dabei phasenweise etwas von Mazzy Stars Hope Sandoval.
Eine Mischung von Titeln aus dem ersten und ihrem neuen Album gespickt mit einzelnen Songs aus ihren Alben mit Anton Newcrombie ergeben in jedem Fall eine sehr entspannt runterfahrende Playlist.
In unserer letzten Veröffentlichung des vergangenen Jahres – dem Dreckigen Dutzend Best of 2022 – hatte ich mir u.a. eine Nummer von dieser Band herausgepickt (höre hier). Dead Butterfly zählt in seiner fließenden Struktur und seinem Facettenreichtum zum Besten, was ich in 2022 gehört habe.
Die Band hinter diesem Song kann sich glücklich schätzen, mit Chloe Alper nicht nur eine tolle Sängerin, sondern auch Musikerin in ihren Reihen zu haben (hauptsächlich Keyboard und Bass). 2003 an der Londoner Westminster University gegründet, kristallisierte sich schnell eine aufregende Mischung aus avantgardistisch sphärischem Rock und Down To Earth Elektro heraus. Nach vier Alben und einer kurzzeitigen Schaffenspause, kam die dreiköpfige Band 2020 mit ihrer knapp 48-minütigen Sechs-Track-LP (!) Eupnea fulminant zurück. Im Video unten sprechen Komponist/Sänger/Gitarrist Jon Courtney (nein, nicht Jon Courtenay von Britain’s Got Talent!) und Chloe Alper sympathisch und ganz offen über die Entstehung des titelgebenden Songs:
Der Bandname übrigens passt ideal zu meinem Blogartikel Literatur in der Musik, denn Pure Reason Revolution steht für Immanuel Kants Kritik der reinen Vernunft.
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