Genuary Tipp 6/31 2022

Code Orange aus Pittsburgh, USA mit Reba Meyers (Gitarre, Gesang)

Untätigkeit kann man der Hardcore Band aus Pennsylvania wahrlich nicht vorwerfen. Nachdem 2020 ihr viertes Studioalbum Underneath auf den Markt kam und flugs eine düstere unplugged Session hinterhergeschoben wurde (höre und siehe hier), traf man sich im letzten Jahr mit niemand geringerem als Billy Corgan von den Smashing Pumpkins, um gemeinsam an neuem Material zu arbeiten. Eine durchaus spannende Kooperation. Wer sich das frisch veröffentlichte Out for Blood zu Gemüte führt, dem/der wird Corgans Mitarbeit aber wohl nicht gleich ins Ohr springen. Oder doch?

Dass Code Orange aber auch ohne Corgan rocken können, haben die bisherigen Veröffentlichungen eindrücklich bewiesen. Besonders gut gefällt mir dabei, wenn Reba Meyers nicht „nur“ virtuos Gitarre spielt, sondern in ausgewählten Stücken auch Shouter Eric Balderose die Hauptarbeit am Mikrophon abnimmt und singt – wie hier im titelgebenden, elektro-metaligen Underneath:

Erste Sporen im Musikbusiness verdiente sich Meyers bereits in ihrer vorherigen Band Adventures, die deutlich in Richtung Indie und Melody Punk ging.
Eine kurze Reise in die Vergangenheit – youtube macht’s möglich:

Aber zurück ins Hier und Jetzt:
Denn so darf man sich in diesem Jahr auch live auf die umtriebige Band freuen. In meiner Videobotschaft auf Instagram zu unserem Genuary sagte ich, dass sich die großen Festivals durchaus diverser zeigen dürfen. Code Orange ist aber bereits seit Langem Teil des Rock am Ring Universums (2015, 2017 und eben 2022 – ja, wer einmal auf Mareks Liste steht…).

Instagram:
Code Orange
Reba Meyers

Genuary Tipp 5/31 2022

Clementine Creevy von Cherry Glazerr

Cherry Glazerr fallen auf durch provokante aber recht witzige Songs und Videos auf. Die Band spielt recht facettenreich von Indie-Rock, Garage bis Grunge. Sie existieren bereits seit 2013, und die Sängerin und Gitarristin Clementine Creevy ist die Gründerin der Truppe, die bis zu diesem Zeitpunkt drei Studioalben veröffentlicht hat. Das letzte Album Stuffed and Ready ist von 2019.

Mit viel Ironie und teilweise Sarkasmus verfasste Texte der äußerst fleißigen Songschreiberin, die sich auch in Interviews und in ihren Kanälen der sozialen Medien sehr humorvoll präsentiert, die nicht zuletzt deshalb zum Folgen durchaus empfehlenswert sind (https://www.instagram.com/cherryglazerr/). Die Texte sind eheroffen verfasst und lassen viel Interpretationsspielraum zu. Clementine Creevy selbst sagt allerdings, dass sie ihre Texte grundsätzlich als Sozialkritik begreift, da sie diese schließlich als nicht unpolitische Feministin verfasst. Der Song Wasted Nun z.B. wird von mir persönlich als Song über Selbstakzeptanz interpretiert und ist in meinen Augen auch musikalisch ein Highlight eines durchweg starken Albums. Sie selbst äußert sich über diesen Song wie folgt: „a woman who just wants to wield the power of the universe but has self-defeating tendencies. I don’t know. I guess it’s a side of me.” [Auszug aus einem Bericht von Popmatters.com]

Clementine Creevy lebt eigentlich aber ein positives Selbstbewusstsein durchaus vor, denn wie sie in einem Interview berichtete, konnte sie sich bei dem Song Stupid Fish gegen den Produzenten Carlos De la Garza durchsetzen, der diesen Song eigentlich nicht auf dem Album haben wollte, ihr dieser Song aber besonders am Herzen lag. Gut so, Künstler*In schlägt Produzent*In, das sollte eigentlich immer so sein, mal ganz davon abgesehen, dass der Song sehr stark ist und einer von denen, die den Grunge wieder etwas aufleben lassen. Wobei De la Garza als Produzent von ihr durchaus geschätzt ist und bereits das Vorgängeralbum Apocalipstick mit produzierte, auf welchem auch eines ihrer bekanntesten Lieder Told You I’d Be With The Guys drauf ist.

Letzter Bezug zum Grunge: Meinen ersten Kontakt mit Cherry Glazerr hatte ich über die ebenfalls ganz originelle Interpretation des Nirvana-Songs Territorial Pissings. Darf man sich natürlich nur anhören, wenn man nicht grundsätzlich etwas gegen Coverversionen einzuwenden hat. Diese Version gefällt mir jedenfalls ausgesprochen gut.

#cherryglazerr #clementinecreevy #stuffedandready

Genuary Tipp 4/31 2022

In This Moment aus Los Angeles mit Sängerin Maria Brink

Zugegeben: Die Kalifornier In This Moment sind wahrlich kein neuer Stern am Metal Himmel. 2020 kam mit Mother ihr bereits siebtes Studioalbum heraus. Über die 14 Stücke hinweg sorgt vor allem Maria Brink für besondere Hinhörmomente.

Aber lasst euch bitte nicht täuschen: Die Single As above, so below ist deutlich härter und zugleich eingängiger als der Großteil des neuen Albums. Grundsätzlich ist die Band heute eher eine atmosphärische, spielt mit dunklen Samples, vielen ruhigen Passagen, mit Elektrobeats und einem Mix aus Distortion- und Clean-Vocals. Im Laufe der Diskographie gingen In This moment in großen Schritten immer weiter weg vom gutturalen Metal Core hin zum melodischen Metal.

Das hört man auch auf dem neuen Album. Nach dem ultra-düsteren Opener/Interlude schwappt uns plötzlich bei Fly like an Eagle eine altbekannte Melodie entgegen. Mit dem Original der Steve Miller Band aus den 70ern hat die Nummer hier aber herzlich wenig zu tun. Auf die Idee, einen solchen Song neu zu arrangieren, muss man erstmal kommen. Seit ihrer Gründung im Jahre 2005 streut die Combo immer wieder Coversongs in ihr Programm ein, so gibt es auch auf Mother ein zweites Remake: Bei We will rock you versammelt Brink mit Taylor Momsen von The Pretty Reckless (Now playing… zum Album Death by Rock and Roll hier) und Lzzy Hale von Halestorm (bitte Namen merken!) zwei Gesangskolleginnen. Mother ist für mich definitiv eines der schwächeren Alben und wirkt passagenweise ziemlich einfallslos.

Dennoch: Dass Maria Brink eine tolle Sängerin ist, bleibt unbestritten. Die klaviergetragene Ballade The Fighter vom Album Black Widow ist groß:

Auch als Frontfrau versprüht Brink auf der Bühne pure Energie. Live habe ich sie und ihre Kollegen zwar noch nicht gesehen, aber es muss wohl ein Spektakel sein. Sie selbst ist gewandet in die skurrilsten Kostüme, spielt gekonnt mit dem Publikum, die Musiker ebenso geschminkt wie ihre Sängerin und auch dramaturgisch passiert immer etwas:

schlechte Video- und Tonqualität, volle Energie! You can’t stop me!

So, Genuary Tipp und kurzes Now Playing zu Mother… zwei Fliegen, eine Klappe!

Instagram: In this moment

Website: Maria Brink

Genuary Tipp 3/31 2022

Hadar Farjun

Nach Sima Noon bereits die zweite Künstlerin aus der interessanten Musikszene Israels, die sich im ebenfalls sehr stark von Männern dominierten Hip Hop mit einer beeindruckenden Leichtigkeit durchsetzt. Ich verstehe kein einziges Wort, werde aber von der Dynamik der Songs voll gepackt. Natürlich kann man über Rap immer streiten. Auch Musikpuristen geringschätzen Musik und Sprechgesang des Genres, weil alles künstlich ist und kein bis wenig musikalisches Können erfordert. Im Grunde genommen würde ich da nicht mal widersprechen, allerdings anfügen, dass ja genau das den Reiz ausmacht und es außerdem Subkulturen ermöglicht sich ebenfalls künstlerisch auszudrücken, auch wenn es einem an musikalischer Bildung oder erwünschter Sozialisation mangelt. Ein schönes Thema zum Streiten. Ich denke, dass sollten wir mal in einer Folge des Podcasts diskutieren.

Aber ich schweife ab. Eigentlich geht es hier um Hadar Farjun. Eine Künstlerin die gleich einen ganzen Cocktail an Eigenschaften mitbringt, die notwendig sind, um einen Platz im Musik-Business zu beanspruchen. In erster Linie meine ich damit, Schnauze, Bock, Haltung und eine Portion Humor.

Mir gefallen die Beats, die Rap-Strophen und auch die meist etwas poppigen Refrains. Ich mag die Sprache, den Rhythmus, die Attitüde, die teilweise schreibunten Farben in den Videos und die Tänzerinnen der Alpha-Bitch-Posse (https://www.instagram.com/alpha_bitch_official/). Ich würde mir mehr Videos wünschen, denn gerade zu einem meiner favorisierten Tracks gibt es leider (noch) kein offizielles Video.

In unserer Folge #11 zum Thema Sprachen kamen wir zu dem Schluss, dass es auf der Welt so unverschämt viel gute Musik zu entdecken gibt und dass es ganz schön schade ist, dass wir uns in Europa weit überwiegend auf Musik in Englisch und der jeweiligen Heimatsprache beschränken. Wir sollten die heute durch das Internet vorhandenen Möglichkeiten viel mehr nutzen, um die Szenen und Subkulturen anderer Nationen wahrzunehmen und zu würdigen.

Bleibt also immer dran und aufmerksam und offen für die ganzen großartigen Künstlerinnen und Künstler auf dieser Welt. Hadar Farjun könnt ihr z. B. über Instagram (https://www.instagram.com/hadar.farjun) oder YouTube folgen.

Genuary Tipp 2/31 2022

Suzie Stapleton aus Australien (inzwischen Brighton, England)

Nach einigen Singles und EPs kam 2020 endlich Stapletons erste LP heraus. Die Aufnahmen erfolgten in ihrer neuen Wahlheimat. Schon die titelgebende Single We are the plague ist eine absolute Wucht – musikalisch irgendwo zwischen Filters kopfnickendem Hey man, nice shot und der Spielfreude von The Gracious Few. Textlich dabei so ehrlich, dass es schmerzt:

Die Songwriterin haut auf ihrem Debütalbum nicht auf die Fresse, es sind die zweiten Töne, die hängenbleiben und fesseln, ganz ohne jedwede Aufdringlichkeit. Faszinierender, düsterer Folkrock mit dezenten Tim Burton Schwingungen! Stapleton bringt gedeckte (Klang)farben in die triste Jahreszeit; ist aber auch an einem milden Septemberabend gut hörbar, wenn die Wärme langsam aus dem Tag entschwindet:

Hier gibt es das beeindruckende Debüt auf Vinyl, von der Künstlerin unterschrieben.

Instagram: @suziestapleton