Von Felix
Dass ich phasenweise der Hardcore-Musik sehr zugetan bin, dürfte aus dem Podcast bereits hinlänglich bekannt sein. Leider sind auch in dieser Szene Frauen in den Bands, der Produktion usw. weiterhin stark unterrepräsentiert. Kritiker der Szene erwähnen als störendes Element, dass durch die Bands und die Musik gepflegte „though-guy-image“ zu diesem deutlichen Männerüberschuss in der Szene beiträgt. Über diese und weitere mögliche Ursachen ließe sich streiten, ich würde allerdings den Genuary 2023 lieber direkt dazu nutzen, gleich zwei Frontfrauen richtig geiler Hardcorebands vorzustellen.
Bei der ersten Band, die ich euch heute vorstelle handelt es sich um die – zumindest in der Szene – durchaus bekannte und beliebte Band Punch.
Ich war tatsächlich etwas überrascht, als ich kürzlich vor meinen Platten saß und das Album They Don’t Have to Believe (erschien 2014 bei Deathwish) in den Händen hielt. Die Platte ist immerhin schon bald neun Jahre alt und läuft seitdem immer mal wieder und einzelne Songs der Band sind auch in regelmäßigen Abständen auf meinen entsprechenden Tapes oder Playlists. Ich habe bisher trotzdem nie daran gedacht, sie einmal in einem Genuary Post vorzustellen. Das hole ich hiermit nach:
Ganz kurz lässt ich sagen, Punch spielen geilen Hardcore und wer das mag, der muss sie hören. Der Gesangsteil ist hier weit überwiegend ein Schreiteil und dieser wird durch Meghan O’Neil interpretiert. Die Texte sind offensiv und die Musik hart und meistens schnell. Leider existiert die Band in dieser Form schon gar nicht mehr – die Sängerin kündigte kurz nach dem Erscheinen des Albums ihren Rückzug aus der Band an, so dass diese Platte leider die letzte von insgesamt drei Studioalben bleibt (plus ein paar Splits, EPs etc). Mir persönlich gefallen die Songs darauf insbesondere aufgrund der Vocals und ich schätze die Energie, mit der die Texte herausgebrüllt werden, in der die Fassungslosigkeit über die Zustände der Gesellschaft in puncto Feminismus, Diskriminierungen usw. wie z.B. in dem Lied Worth More Than Your Opinion, dem Opener des letzten Albums.
Meghan O’Neil bedankte sich 2014 via Facebook bei den Fans und gestand, dass sie eigentlich eine sehr schüchterne Person sei und ihr das performen mit Punch sehr geholfen habe, als Person zu wachsen, was einmal mehr zeigt, dass auch und gerade die etwas zurückgezogenen Menschen den Mut aufbringen sollten, eine Kunstform zu finden, in der sie ihren Kopf voller Ideen zum Ausdruck bringen können, da ansonsten auch zu viel gute Musik verloren geht. Ihr Facebook-Statement hat das Magazin Brooklyn-Vegan hier konserviert. Wer sich Videos vergangener Live-Auftritte ansieht, wird kaum glauben, dass dort eine eigentlich sehr schüchterne Persönlichkeit ihre Texte in das Mikrofon brüllt. Der vermutlich fleißigste Live-Filmer der Welt Hate5Six hat unter anderem das Punch-Konzert am 08. September 2014 in Sommerville gefilmt, welches somit eines der letzten gewesen sein dürfte.
Meghan O’Neil hat nach ihrem Austritt bei Punch zum Glück nicht aufgehört, Songs zu schreiben und zu singen. Sie ist kurz darauf in ihrer neuen Band Super Unison, nicht weniger bemerkenswert unterwegs. Da hier jedoch zumindest ein wenig kommerziellerer und melodiöserer Rock gespielt wird, habe ich mich entschieden, ihre erste Band Punch in den Vordergrund zu stellen. Auch aufgrund der eingangs benannten Unterrepräsentation von Frauen in der Hardcore-Szene. Für alle, die nicht so gerne Hardcore-Musik hören, aber schon harte Töne bevorzugen sei ihre nächste Band allerdings noch wärmstens empfohlen, denn auch hier legt sie ihre ganzes Herz in das Songwriting, so dass ein musikalisches sehr empfehlenswertes Projekt entsteht, welches ebenfalls bei Deathwish Records erscheint. Der Gesang O’Neils ist hier facettenreicher eingesetzt und Scream-Parts wechseln sich mit cleanen Gesangsteilen ab. Stella hieß die letzte Veröffentlichung aus 2018, Virus repräsentiert den Stil der Band sehr gut.
Jetzt, da ich das schreibe, sehe ich allerdings, dass auch Super Unison auf der Homepage von Deathwish schon wieder unter der Rubrik „Alumni“ geführt werden. Also ist auch hier in Kürze kein Nachschub zu erwarten. Schade, sehr schade. Bei allen überflüssigen Wir-sind-alt-und-brauchen-das-Geld-Reunions – Punch oder Super Unison mit Meghan O’Neil am Mikrofon dürften sich gerne nochmal für eine Platte zusammenschließen, Anlässe für wütende Texte gibt es ja leider aktuell viel zu viele.
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