Riverside – ID.Entity (2023)

von Alex

Songs des Albums:

Friend or Foe?
Landmine Blast
Big Tech Brother
Post-Truth
The Place where I Belong
I’m Done with you
Self-aware

In den letzten Tipps aus’m Pit – April 2023 (Episode #51) – habe ich euch verraten, auf welche drei Neuerscheinungen ich mich in 2023 besonders freue (hört hier gerne nochmal rein). Zwei davon sind inzwischen erschienen: Running for a Dream von The Last Internationale (hier das Now Playing) und eben das achte Album der Prog-Rocker Riverside.

In der Podcastepisode habe ich die Musik lapidar als „Frickel-Rock à la Rush mit einem Schuss Hammond-Orgel-Elementen“ beschrieben. Nun muss ich zu meiner Verwunderung feststellen, dass diese Beschreibung in 2023 nur zur Hälfte zutrifft. Die Keys sind auf dem neuen Werk der Polen nämlich deutlich in den Hintergrund gerückt bzw. ihre elektronischen Cousins bestimmen das Geschehen. Gleich der Opener Friend or Foe? lässt da aufhorchen: Ein unaufgeregtes, ausladendes Intro, welches auch in die 80er-Jahre-Synthiwelle hinein gepasst hätte und eminent an Bronski Beat’s Smalltown Boy erinnert (ab ca. 2 Minuten), mutiert zu einer prog-poppigen 7 1/2 Minuten-Erzählung – and you’ve been customised for my desires:

Brutal gut, wie hier zwichen Progrock, Pop und Synthielementen gekonnt und ungezwungen vom Buffet genommen wird. Dabei funktioniert das Album in erster Linie als Gesamtkunstwerk, einzelne Songs herauszupicken ist gar nicht nötig, vielleicht sogar unangemessen. Sagen wir, jeder Song ist wie eine Blume – ein bescheidener, aber wichtiger Teil des wunderschönen Blumenstraußes (sieben Songs, Gesamtlänge über 70 Minuten, Vinyl mit Bonus).

Aus musikjournalistischem Antrieb heraus schreibe ich aber doch, dass neben Friend or Foe? auch die anderen Singles I’m done with you (wütend rockig, unheimlich atmosphärisch und atmosphärisch unheimlich, klingt wie eine Abrechnung mit Putin) und Self-Aware (wunderbar rush-ähnliche Melodiegestaltung und Songstruktur) auf ihre Weise in Gänze zünden und dass gerade Big Tech Brother keine Wünsche offen lässt und als der Synonym-Song für das Album gelten kann:

Fazit:
Objektiv betrachtet verdient dieses Album absolute Bestnoten. Die Musiker komponieren und spielen auf unglaublichem Niveau, die Musik rockt und wenn sie nicht rockt, verzaubert sie. Die Songs sind wie Theaterstücke, die Worte gekonnt gewählt und die Stimme von Mariusz Duda unverwechselbar in Höhe und Volumen.
Subjektiv betrachtet ist mir das Album für die allerhöchsten Bestnoten jedoch zu… perfekt. Ja, klingt unfair, ich weiß. Zu gut?! Ernsthaft? Was ist los mit mir? Die Produktion und vor allem das Mastering erscheint mir technisch so perfekt, die Musik so tight, dass die Planken links und rechts keine unerwarteten Ausbrüche dulden. Und das heißt nicht: Spielt doch mal absichtlich ein bisschen falsch… aber Musik ist eben immer noch – trotz aller KI und technischer Hilfsmittel – eine Ausdrucksform von und für Menschen und die sind nicht perfekt. Diese eine Idee der Überraschung, der Unberechenbarkeit, ja, des Cholerischen fehlt mir. ID-Entity ist musikalisch großartig, aber das Herz für „Unperfektion“, welches ich im positiven Sinne auf Vorgängeralbum durchaus schlagen hörte, vermisse ich. Aber nochmal: Das ist Jammern auf ganz, ganz hohem Niveau. Ich höre hier ein Top-Album! 8/10 Wellenbrechern

POLEDANCE – Circus (2022)

Von Felix

Es geht doch immer so los: Man unterhält sich mit befreundeten Musikmenschen über Bands, die man kürzlich gesehen oder gehört hat und wenn man dabei über eine Band berichtet, die der andere noch nicht kennt, dann kommt auch schnell die klassische Frage: „und was machen die so für Musik?“ so logisch diese Frage ist – und ich habe sie selbst sicher schon unzählige Male gestellt – so blöd ist sie zu beantworten. „Hör dir die einfach mal an.“, sagt man dann in der Regel und schiebt heutzutage gerne noch ein „Ich schick dir mal ’n Link“ hinterher. Als ich neulich mit jemandem über POLEDANCE sprach, sagte ich dazu, dass diese Band eine Art Indie-Rock spielt. Auf ihrer Homepage stellen sie ihren Sound als Alternative-Emo-Rock vor und das trifft es natürlich noch besser. Die Band bzw. der Künstler weiß schließlich selbst in der Regel am besten, was für ein Stil gespielt wird, so werden als sounds-like Referenzen auf der Homepage auch Paramore, Fall Out Boy und Jimmy Eat World genannt. Spotify ordnet sie allerdings weitaus punkiger ein, aber das kann auch einfach an dem sich mir anbiederndem Algorithmus liegen.

Kommen wir endlich zur Sache: Das Album Circus ist mit zehn Songs angenehm reduziert, zeigt sich auch durchaus variantenreich, dies allerdings in der Hauptsache im Spannungsfeld zwischen Pop und Rock eines Songs. Es dürfte auch kein Geheimnis sein, dass mir persönlich dann in der Regel die zum Rock neigenden Songs besser gefallen, als die etwas pop-lastigeren Songs.

Es werden immer wieder elektronische Teile mit eingebracht und diese auch immer gut integriert, da sie sich nicht aufdrängen, sondern stets gut im Gesamtkonstrukt aufgehen.

Das Album erschien im Dezember 2022 bei Thirty Something Records – es wurden vorab bereits einige Singles des Albums veröffentlicht. Beautiful, Echoes und Help. Letztgenannter Song ist auch mit einem coolen offiziellen Video bei Youtube zu finden (siehe unten), wenngleich es sich anbietet immer Bandname und Songtitel bei der YouTube-Suche einzugeben, denn ansonsten kann man sich durch viele Poledance-Videos scrollen, die aus sporttänzerischer Perspektive sicher auch interessant sind, aber in der Regel nichts mit gutem Emo-Rock zu tun haben.

Um aber mal in die Einzelkritik zu gehen: Help ist auch gleich einer meiner echten Favoriten auf der Platte und ich finde die sichtbaren Klickzahlen bei YouTube und Spotify lächerlich klein, da sich dieser Song kein Stück hinter weitaus bekannteren ähnlichen Liedern verstecken muss. Melodie, Dramaturgie und Emotion sind in diesem Song wirklich stark abgestimmt und abgemischt, für mich ein Lied, das in diesem Genre absolut internationales Format hat. Unbedingt anhören!

Eigentlich kann man das auch für die gesamte Platte formulieren, nicht nur weil die Texte in englischer Sprache verfasst wurden, sondern insgesamt ist der Klang ambitioniert.

Neben den Singles fällt mir das vor allem noch bei Devil’s Pact und dem abschließenden 10. Lied der Platte – Sake of Life auf. Hier klingen für mich Ansprüche durch, nicht nur in Deutschland gehört zu werden. Warum auch? Nur weil man aktuell in Berlin ansässig ist und natürlich vor allem hier Konzerte spielen kann, muss man sich ja nicht auf den deutschen Markt beschränken. Devil’s Pact punktet bei mir mit zwei entscheidenden Teilen. Zum einen mit dem melodiösen aber temporeichen Pre-Chorus und Chorus und zum anderen mit dieser wunderbaren Bridge mit dem beeindruckend erdendem Gitarren-Lick nach dem zweiten Refrain als Übergang zur zweiten Songhälfte. Leider gefällt mir der poppige Sound der Strophen in dem Song nicht wirklich.

Bei No Love, dem 4. Track des Albums ist es genau umgekehrt, da mag ich die Strophen sehr gerne, dafür trübt dort der Pre-Chorus das Hörvergnügen – zu langsam, fast schon ausbremsend. Diese beiden Songs stehen exemplarisch für meine Wertung, denn irgendwie finde ich zwei Drittel meistens ganz geil und das letzte Drittel immer nur mittelmäßig oder zumindest nur bedingt überzeugend. So komme ich zu dem Fazit, dass ich persönlich dem Album Circus von POLEDANCE irgendwie schon gute, aber auch noch nicht so ganz reinhauende 6,5 von 10 Wellenbrechern verteile.

Ich möchte jedoch anhängen, dass es vor allem an meinen Hörgewohnheiten liegt und Lieder dieser Art – also (alternativer) Emo-Rock nicht zu meinen meistgehörten Songs gehören. Ich denke, dass die Band POLEDANCE für Fans dieses Genres hier ein Album mit sehr viel Potential geliefert hat und genau aus diesem Grund möchte ich die Band tatsächlich wärmstens weiterempfehlen. Aktuell ist vor wenigen Tagen noch die Akustik Live-EP Not Quite erschienen.

#55 Im Interview mit Jendrik, Sänger der Band von Grambusch

Wir haben uns mit Sänger und Gitarrist Jendrik getroffen, um über die neue EP und viele weitere Dinge zu sprechen. Und weil Jendrik so ein überaus kurzweiliger Interviewpartner ist, haben wir uns gleich zwei mal getroffen. Hört in der letzten Veröffentlichung vor unserer Sommerpause also viele interessante Details zu den Songs der Platte, wie Jendrik zu Wut und Hass in Internetkommentaren steht, ob wir der CD eine Comeback-Chance einräumen und vieles Weitere.

#54 das dreckige Dutzend (Soundtrack of my life)

Kein Scheiß, kein Clickbait: In der heutigen Episode wird doch tatsächlich Musik gespielt, die es nirgendwo sonst, sondern nur bei uns im Wellenbrecherbereich, zu hören gibt (Downloadmöglichkeit hier und unten auf dieser Seite)! Wenn das nichts ist!
In unserem neuen dreckigen Dutzend präsentiert euch jeder von uns seinen ganz persönlichen “Soundtrack of my life“, eingedampft auf je drei Songs – zumindest so circa. Dies geht selbstredend einher mit einem veritablen Seelenstriptease. Lernt uns näher kennen und begleitet uns auf eine musikalische Reise, denn “nichts ruft die Erinnerung an die Vergangenheit so lebhaft wach wie die Musik.“ Schriftstellerin Anne Louise Germaine de Staël

Download:
Pink Shot – Tomorrow (aus 2003)
Dynyle – Anniversary (aus 2012)

Dynyle waren:
Pascal Heilmann, Gerrit Kaminski, Tobias Kleßen, Tom Pfefferkorn

Pink Shot waren:
Timo Böhm, Alexander Faber, Gerrit Kaminski, Moritz Selmikat, Robert von Schilling

Playlist „Soundtrack of my life“ in Kürze – zum Nachlesen und Anhören/Ansehen (klickt auf den Song):

  1. Huey Lewis & the News – The power of love (Alex)
  2. The Trashmen – Surfin’ bird (Marco)
  3. U2 – Still haven’t found what I’m looking for (Gerrit)
  4. The Beatles – Julia (Felix)
  5. Bush – Glycerine (Alex)
  6. Bon Jovi – Runaway (Marco)
  7. Dynyle – Anniversary (Gerrit)
  8. Slime – Linke Spießer (Felix)
  9. Pink Shot – Tomorrow (Alex)
  10. Broilers – Meine Familie (Marco)
  11. James Horner – A gift of a thistle / Braveheart OST (Gerrit)
  12. NMZS & Danger Dan – Lebensmotto Tarnkappe (Felix)

#53 Von Bildstempeln und Sync Deals: Musik aus Filmen und Serien

In unserer Episode #6 hatten wir das Thema bereits angeschnitten, als es in unserem Best-of-Format “das dreckige Dutzend“ um Soundtracks ging (hört hier gerne nochmal rein). Heute wollen wir tiefer graben und uns voll der Synergie aus bewegten Bildern und aufrüttelnden Klängen hingeben. Wie kam Musik auf die Leinwand? Welche Songs finden warum den Weg in Filme und Serien? Gibt es auch für Newcomer diese Möglichkeit oder ist der Heilige Gral der “Sync Deals“ mangels Mut und Kreativität auf Seiten der Filmemacher nur den “Etablierten“ vorbehalten? Ein luftiglockeres Thema für den Mai, das bestimmt auch bei euch Erinnerungen an persönliche Lieblinge und Klassiker, an Filmszenen und Schauspieler*innen weckt. Im Abschlussspiel könnt ihr dann noch euer Wissen testen. Erst heißt es: Wahr oder falsch? Und danach wird zitiert! Und, ja „es ist nicht immer Shakespeare, aber es ist echt. Es ist das Leben.“ Also, seid dabei!