Now Playing // 09.05.2021 (von Felix)
Ohne langes Nachdenken kann ich sagen, dass die Dropkick Murphys die Band sind, die ich am häufigsten aus Versehen live gesehen habe. Damit meine ich in erster Linie ihr unermüdliches Bespielen größerer Festivals, denn zumindest in den letzten bald 15 Jahren verging kaum ein Jahr ohne Auftritt in Deutschland. Und so begegnen einem die Jungs immer wieder, auch ohne dass man sich gezielt ein Ticket für eine ihrer Tour-Shows gekauft hätte. 2007 Habe ich sie erstmals auf dem Hurricane Festival gesehen, zuletzt 2019 bei Rock am Ring und auch beim aufgrund der Pandemie abgesagten Deichbrand für 2020 standen sie wieder im Line-Up und ich hoffe, dass sie dort auch 2022 weiter mit von der Partie sein werden, schließlich haben sie dann ja voraussichtlich die erste Möglichkeit, ihr neues Album auf den Festivalbühnen zu präsentieren – in diesem Jahr wird es in Europa zumindest nicht mehr klappen. In den Jahren von 2007 bis 2019 haben die Dropkick Murphys im Durchschnitt unglaubliche 120 Konzerte pro Jahr gespielt (genauer 118,9 ermittelt anhand der Zahlen von concertarchives.org → genau hier ). Eine bemerkenswerte Zahl.
Ich würde mich sehr freuen, die Dropkick Murphys live Teile ihres ganz frischen Albums Turn Up That Dial spielen zu hören und genau um dieses soll es hier ja eigentlich gehen.
Mit der diesjährigen Veröffentlichung bleiben sie in dem Vierjahres Rhythmus der letzten zwei Studioalben (2013 Signed and Sealed in Blood und 2017 11 Short Stories of Pain & Glory). Ich würde dieses Album zunächst gerne vom Gesamteindruck her bewerten, denn da schneidet es in meinen Augen sogar besser ab, als eben genannte Vorgänger. Es sind 11 gut ausgewählte neue Songs, die klar und unverkennbar nach Dropkick Murphys klingen, allerdings ganz und gar ohne dabei abgedroschen zu wirken. Das Album ist für mich ein sehr kurzweiliges Gesamtpaket. Der Grundtenor ist von Song 1 bis Song 10 fast durchgehend rockig mit hübscher irisch-amerikanischer Attitüde, deutlicher Sprache und Bier-positiver Atmosphäre. Der 11. Song (I Wish You Were Here), der auch vorab als Single veröffentlicht wurde, bildet dann als einzige 3/4-Takt-Schunkel-Ballade mit allerdings ernsten und gefühlvollem Text einen sehr würdigen Abschluss.
Von Song 1 hängt auf einer neuen Platte immer viel ab, deshalb wird dieser natürlich immer mit Bedacht ausgewählt. In diesem Fall ist es der Namensgeber und Titelsong Turn Up That Dial. Ich war mit diesem Opener direkt „in the mood“ und das obwohl ich zugeben muss, dass ich vor dem ersten Hören eher skeptisch war, da ich befürchtete, ein Album zu hören, das ich „irgendwie Okay“ finde, aber auch schnell wieder vergessen werde. Kurzum, diese Befürchtungen konnten damit direkt gekippt werden:
Nach den ersten Durchläufen der neuen Platte könnte ich dann nach dem ersten Lob die Kritik anbringen, dass eine klassische „Hymne“ – im Sinne eines überragenden Songs, bei dem man sofort weiß, das wird ein Live-Highlight – fehlt. Oder doch nicht? Potenzial sehe ich da schon bei einigen Songs, die sowohl musikalisch als auch textlich etwas in diese Richtung anbieten (Middle Finger, Smash Shit Up), aber das braucht vielleicht noch ein paar Hör-Durchläufe.
Worauf ich mich definitiv schon freue, ist auf irgendeinem Festival in einer schwitzenden, staubigen Menge zu Mick Jones nicked my Pudding meine Kreise zu ziehen. Der Song erschien bereits im Sommer 2020 als erste Single zum neuen Album.
I know the whole „Songs about former members of The Clash stealing deserts from fellow punks“ genre isn’t massive, but this is definitely a highlight of it. – Paul Holmes Kommentar zum Video auf Youtube
Ich fasse zusammen: Das neue Album der Dropkick Murphys erfreut mich gleich auf verschiedenen Ebenen. Es rockt 40 Minuten mit gutem Tempo, hat Texte, die man nur mit gutem sarkastisch bis zynischem Humor schreiben und mitsingen kann und wirkt auf mich einfach komplett und gut reduziert auf elf wirklich starke Aufnahmen.
Fazit: nicht innovativ aber mit hohem Spaßfaktor im klassischen Dropkick Murphys-Gewandt > 8 von 10 Wellenbrecher