von Felix
Nach 4 Jahren melden sich die sympathischen Kanadier mit einem neuen Album zurück. Vorab gab es bereits einige Singles und Videos, die wie im Falle von Lonely Bong mit einer recht ordentlichen Prise Selbstironie / Humor gedreht wurden. Wie auch bei uns im Podcast schon das eine oder andere mal thematisiert, wird auch hier das Alter der Bandmitglieder aufgegriffen und anhand der Frage, inwieweit Bands vom Format der Cancer Bats versuchen müssen, neue Wege zu gehen, um auch jüngere Menschen verstärkt anzusprechen, spaßig verarbeitet.
Dabei steht die Band keineswegs für altbackene Rockmusik, sondern präsentiert sich auf dem Album zwar durchaus gewohnt im Klang, aber modern im Sound.
Die elf Tracks sind eine angenehm reduzierte, gut arrangierte Auswahl an schnelleren Hardcore- / Alternative-Brettern mit sehr vereinzelten etwas ruhigeren, melodiöseren Parts.
Schon beim Opener Radiate geht es ordentlich nach vorne: Bass und Gitarre voll Distortion in den Strophen, ein einfacher Chorus zum Springen und Mitsingen, Bridges und Soli sorgen für leichte Tempowechsel und der Gesang Liam Corniers auf Anschlag – Das macht direkt Bock auf mehr!
Und es geht auch direkt weiter mit The Hoof, einem Song bei dem sich im Intro der Pit in meinen Gedanken beginnt im Kreis zu bewegen, um dann mit Beginn der ersten Strophe zu explodieren. Auch hier fällt mir auf, dass auf diesem Album die Bässe unglaublich fett wirken und das kann man insgesamt festhalten, hier liegt eine wirklich starke Produktion vor, die in einigen Passagen durch den Bass (Jaye Schwarzer) und die Bass Drum von Mike Peters für einen drückenden Sound sorgt. Wenngleich ich gerade dazu durchaus schon andere Meinungen vernommen habe, die vor allem das Fehlen des ehemaligen Gitarristen Scott Middleton heraushören. Das Gründungsmitglied hatte zweifelsohne großen Einfluss auf den Sound der Vorgänger, aber ich kann für mich feststellen, dass die neue Platte erfreulicherweise auch ohne Scott richtig gut funktioniert. Mir gefällt der Sound auf Psychic Jailbreak wirklich gut.
Aber zurück zu The Hoof: My life was saved by a Skateboard! Die Texte kommen also – wie oben bereits schon mal erwähnt – auch weiter mit einem ironisch-nostalgischen Humor herüber, der aber eben ohne einen ernsten Background wirkungslos bleibt und genau den integriert Liam Cornier beim Songwriting sehr bewusst. In einem Beitrag des Kerrang-Magazins (also hier!) kann man seine direkten, kurzen Statements zu jedem einzelnen Stück der Platte nachlesen.
Das Tempo bleibt ziemlich hoch und hat damit bei mir gerade voll den Nerv getroffen. Kann sein, dass es am eintretenden Frühling liegt und den zunehmenden Öffnungen und Möglichkeiten im Freizeitbereich, ich verspüre gerade jedenfalls eine Menge Bock und dieser Umstand lässt sich durch die zum Teil echt krachenden Stücke des neuen Albums aber mal so richtig anfeuern: Nur ein weiteres Beispiel sei hier der Song Friday Night, in dem es zwar textlich etwas ernster zur Sache geht, der aber der treibenden Eröffnung der Platte in Nichts nachsteht. Der Eindruck soll auch nicht entstehen, Cancer Bats sind bei aller Ironie keine Suppenkasper. Sie haben etwas zu sagen und das transportieren sie auch deutlich. Diese Mischung aus ernsteren und etwas sarkastischen Textpassagen haben die drei hier insgesamt gut angerührt, bei Friday Night ist es am deutlichsten zu spüren. Der Titel des Songs ist einfach entstanden, weil der Bassist diesen an einem einizgen Freitagabend komplett komponierte und hat überhaupt gar nichts mit einem TGIF-Feiersong zu tun.
Aber wie sieht es mit den zumindest etwas ruhigeren oder langsameren Titeln aus? So eine richtig klassische, radiotaugliche Ballade findet sich so schnell gar nicht. Hammering On ist vom Tempo her ein wenig reduziert, behält sich aber auch härtere Parts vor. Der Gesang wird hier passend durch die Sängerin Brooklyn Doran ergänzt. Da würde mich wirklich interessieren, wie es zu der Zusammenarbeit kam, denn Brooklyn Doran ist eine klassische, wenngleich anspruchsvolle Songwriterin, die ich aber – außer der Tatsache, dass sie auch aus Kanada stammt – niemals mit den Cancer Bats in Verbindung gebracht hätte. Aber die Überraschung ist durchaus gelungen. Eigentlich war es das dann aber auch schon mit ruhigeren Songs. Die übrigen Stücke gehen zwar nicht alle so direkt nach vorne (zumindest nicht durchgehend), bringen aber ebenfalls klar zum Ausdruck: Cancer Bats haben Bock zu rocken! Gute Beispiele sind dafür auch die Songs Pressure Mind und Rollin Threes. Bei Pressure Mind gibt es etwas weniger Tempo in den Strophen und Instrumental-Parts, dafür dann im Refrain wieder Gelegenheit zum raumgreifenden Ausdruckstanz, Rollin Threes gefällt mir vom Songkonstrukt her ausgesprochen gut, da er eher eine Geschichte erzählt und so mit längeren Strophen und kurzen Chorusphasen für Abwechslung sorgt.
Ich neige im Podcast ja dazu, Bands bzw. Alben in alltagstaugliche Kategorien zu stecken, bei Psychic Jailbreak fällt mir das etwas schwerer, denn wie gesagt, trifft das Album gerade absolut meinen Geschmack. Deshalb lief es bei mir auch bereits zu vielen Gelegenheiten: beim Putzen, beim Arbeiten, beim Duschen, beim Joggen und beim bewussten Konsumieren im Ohrensessel.
Es kann gut sein, dass ich in anderen Lebensphasen noch stärker bemängelt hätte, dass mir das Album zu wenig Kontraste bietet und der Gesang über die Länge des gesamten Albums zu gleichförmig ist, in meiner aktuellen Verfassung bleiben so aber starke 7,5 von 10 Wellenbrecher. Plattenkritiken sind also nicht einfach nur subjektiv sondern unterliegen auch noch intraindividuellen Schwankungen – und auf meiner aktuellen Schwankung skaten die Cancer Bats stabil in meine Playlists – kannst machen nix…