Witzig: Kurz nachdem wir die Aufnahmen zu unserer Albumbesprechung beendet hatten – wir sprachen über das (noch!) aktuellste Album der bayerischen Hip-Hop-Jazz-Brass-Combo #zweiraumsilke – wurde bekannt, dass eben jene ab April wieder ins Studio wollen, um neue Songs aufzunehmen. Wir alle können das Großensemble dabei finanziell unterstützen – aktuell wird zum Crowdfunding aufgerufen, coole Dankeschön-Aktionen der Band inklusive. Checkt das!
Der Wellenbrecherbereich arbeitet parallel mit dem, was wir haben: Wie hat uns das 2019er Werk “Detox“ gefallen? Hört jetzt rein, überall im Stream! Und: Esst mehr Obst!
Manchmal muss man sich doch wundern: Seit ich zahlender Kunde bei Spotify bin, und das ist gar nicht mal so lange (ihr wisst noch: Musik Tinder, lese hier), hatte ich jetzt das erste Mal die Situation, dass ich in meiner digitalen Bibliothek ein Album entdeckte, an das ich mich überhaupt nicht erinnern konnte. Shaka Ponk?! Was ist das? Nie gehört! Wer hat das hier reingezogen? Hm, muss wohl ich gewesen sein! Und vielleicht habe ich mir sogar was dabei gedacht… Und in einem Satz: Ja, das hatte ich!
Shaka Ponk passt perfekt sowohl in unsere Playlist Best of MultiSingual (Folge hier), weil viel Französisch und auch mal Spanisch gesungen wird, als auch in die Playlist New Rock (Folge hier), obwohl die Band gar nicht so “new“ ist (gegründet 2004), aber einfach verdammt frisch und zeitgemäß klingt. Interessanterweise verließen die Franzosen schon in ihrem Gründungsjahr ihr Land und zogen nach Berlin, weil sie sich in Frankreich aufgrund der dort existenten nationalen Radioquote in ihrer kreativen Freiheit sehr eingeengt fühlten.
Wie also eben gehört bin ich bei Shaka Ponk so spät auf der Party, dass schon Reinhard Meys „Gute Nacht, Freunde“ erklingt. Wie gemunkelt wird, könnte das gerade erschienene Album ihr letztes gewesen sein. Den letzten Wagon des Hypetrains habe ich aber noch erwischt.
Das „Wie für mich gemacht“-Album In Anlehnung an eine schlechte Werbung für Kreditvergabe, kann man wirklich behaupten, dass dieses Album Vieles von dem vereint, was ich mag: Wir hören Metal-Elemente zum Kopfnicken, schnellen Punk, Rap-Parts in verschiedenen Sprachen, wunderschönen Gesang und in homöopathisch angemessenen Dosen Elektrosamples.
Highlights Direkt die ersten beiden Songs stechen heraus. Der Elektro-Metal-Opener D’Essence und Alegria, das neben einem indigen-anmutenden Klangbild mäandert zwischen handfestem Rock, einem im Freudentaumel gut mitgrölbaren Refrain und einer ausladenden Crescendo-Bridge.
Der klare Champion der Platte ist aber die zeitlose Ballade Il y a. Auf unserem Instagram Kanal hatte ich per Reel häppchenweise meine drei Songs des Jahres 2023 präsentiert – Il y a war einer von ihnen. Er startet mit einem mantraartigen Elektosample, das uns durch den ganzen Song begleitet, uns an die Hand nimmt, wie eine Mutter es bei ihrem Kinde tut. Es folgen Akustikgitarre, ein leichter Ghost-Note-Snare-Beat, später Geigen. Und über allem schwebt die kraftvoll und zugleich verletzliche Stimme von Sängerin Sam, die uns auf Französisch erklärt, worum es im Leben geht. Fantastisch!
Der Gesang Apropos Gesang: Nicht nur genre-technisch hat das Album einiges zu bieten. Auch hinsichtlich der Stimmen gilt es genauer hinzuhören: Sängerin Sam kann nicht nur toll singen, sondern auch – meist auf Französisch – on point rappen. Ihr männliches Pendant Frah tut es ihr gleich. Auffällig zudem, dass neben Französisch und Spanisch auch immer mal wieder ins Englische gewechselt wird, sowohl innerhalb eines Songs, als auch über einen ganzen Song hinweg (höre zum Beispiel das punkige Dad’Algorhythm oder das radiotaugliche Multiply; gemäß Artikelanfang: Wettbewerbsnachteil in Frankreich!). Wir hören auf dem selftitled Album also Crossover im musikalischen, gesanglichen und sprachlichen Sinne.
Diese Revolution ist tanzbar Neben dem Rock und der Vorzeige-Ballade legt das Ensembe enorm viel Wert auf Tanzbarkeit. Entgegen der Erwartung bei einem Titel wie Tout Le Monde Danse (Alle tanzen) ist jedoch gerade diese Nummer eher ein Hybrid und kein klassischer Tanzsong. Musikalisch passagenweise ja, aber die Charakterfarbe ist ein melancholisches Grauschwarz. Übersetzt man den Text und schaut sich das dazugehörige Video an, wird schnell klar: Es geht keinesfalls ums ausgelassene Tanzen. Es geht um die Frage, warum in der Konsensfabrik denn eigentlich die Lämmer schweigen, ein übersetzter Auszug:
Alle tanzen, wenn diese Leute mit den Fingern schnippen. Aber ich tanze nicht Ich tanze nicht nach dieser Melodie, ich tanze nicht für falsche Kriege. Ich tanze nicht, wenn man mir alles und das Gegenteil vorschreibt. Ich tanze nicht, wenn diese Leute mit den Fingern schnippen.
Songs wie J’aime pas les Gens, das verbindende Resign oder besagtes Multiply sind da schon deutlich tanzbarer und klingen ein bisschen nach Culcha Candela, die in einen Zaubertrank aus Rockmusik gefallen sind. In Letzterem erklingt sogar ein zurückhaltendes Pianosample, das uns zaghaft, aber eindeutig an ABBA erinnert.
In den Texten der Band bleibt ihr inhaltlicher Anspruch zu jede Zeit sichtbar. Wie das Cover des Albums vemuten lässt – siehe oben: Sam steht mit entschlossenem Blick, einem brennenden Molotov-Cocktail und einem umgehangenen Patronengürtel vor uns – sehen sich Shaka Ponk als Teil einer Gegenbewegung. Gegen Elitarismus, gegen soziale Ungleichheit, gegen Neo-Kolonialismus, gegen Rassismus, gegen Sexismus.
And if you don’t wanna resign Join us in the fight, Join us in the fight And don’t you worry ‚bout it It’s not up to them to decide aus Resign
Keine Frage: Auch 2024 gibt es genug zu tun. Dass die sogenannte „schweigene Mehrheit“ nicht alles kommentarlos hinnimmt, haben die letzten Wochen eindrucksvoll bewiesen, als deutschlandweit etwa 1,5 Millionen Menschen gegen Faschismus auf die Straße gingen. Allein es kann nur der Anfang gewesen sein. Auch in Zukunft wird es mehr als notwendig sein, Haltung zu zeigen. Dieses Album kann ein Soundtrack sein – 8/10 Wellenbrechern
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