Now Playing // 30.04.21 (von Felix)
Kommen wir zu einer Platte, die sich an vielen Stellen hört wie der Soundtrack eines anspruchsvollen Independent-Films. Titel und Artwork der Platte unterstützen dieses Empfinden stark. Mir gefällt es, wenn Bands ihre Konzepte auch optisch so stark umsetzen, dass die Neugier beim Erhalt der Platte steigt und man direkt den Impuls verspürt, die Scheibe aufzulegen:
Allerdings verbirgt sich in derlei Aufmachung das Risiko, dass diese geweckten Erwartungen oder Assoziationen sich bei den ersten Tönen zerschlagen. Black Honey schafft es jedoch, diese nicht einfach nur zu bedienen, sondern verstärkt sie mit den ersten Takten der Platte sogar noch. Ich spreche nur für mich, aber ähnlich wie ein gutes Buch, das einen von Seite 1 an in seinen Bann zieht, konnte ich auch das zweite Album der britischen Indie-Rocker nicht einfach durchskippen oder abschalten. I Like The Way You Die ist hier ein würdiger Opener für insgesamt 10 Tracks, die jetzt musikalisch sicherlich keine neue Erfindung der Independent-Musik sind, aber doch so gut arrangiert und angeordnet, dass es für mich beim Hören einfach passt. Umami für die Ohren gewissermaßen.
Was meine Freude darüber sicherlich weiter anfachte, ist die Tatsache, dass ich zwar gerne mal Indie-Rock höre, ich aber in dem Genre in den letzten Jahren eine starke Verballadisierung festgestellt habe. Dabei habe ich nichts gegen gute Indie-Balladen, hatte aber das Gefühl, dass viele Bands beim Fischen nach den Reaktionen über den einen tief berührenden Emo-Song – möglichst gepusht durch eine markante Platzierung in irgendeiner Netflix-Serie – vergessen haben, andere Facetten zu bedienen und somit für mich in vielen Lagen und Situationen keine Hör-Option mehr darstellten. Diese sogenannten Sync-Deals (Musikplatzierung in Serien, TV-Shows und anderen Formaten) sind lukrativ und natürlich ist es völlig legitim diesem Interesse nachzugehen – Black Honey haben diesen Nerv mit ihrer Platte Written and Directed allerdings mit einer ganz anderen Stimmungslage getroffen und wissen das für sich, z.B. in ihren Videos zu nutzen. Das Video zu Beaches ist übrigens komplett zur Lockdown-Zeit im UK entstanden, transportiert aber auch unter diesen Einschränkungen sehr gut die Stimmung des Songs: Right down to the beach, where we can have fun…
Endlich wieder Indie-Rock, der auch mal rockt und zum Tanz einlädt und nicht nur zum betroffen Nachdenken. Diese Platte liefert im Kopfkino nicht nur Drama, sondern auch rauchende Helden und trinkende Antihelden, Road-Trips, raffinierte Bösewichte mit sympathischem Twist und vieles mehr. Eine Platte für alle, die gerne ins Kino gehen.
Kommen wir aber noch kurz zu der Band an sich: Black Honey existieren seit 2014 und haben 2018 ihr erstes Studioalbum (Black Honey) veröffentlicht. Kennengelernt und geründet während des Studiums in Brighton. Ich empfehle an dieser Stelle gerne Interviews mit der Band, oder Teilen der Band, da sie dabei äußerst kurzweilig Auskunft über ihre Songs, Videos, Auftritte und Pläne und alles Weitere erteilen und das auf eine sehr sympathische und humorvolle Weise. Die Sängerin und Gitarristin Izzy B. Phillips berichtete in Interviews, dass der musikalische Einfluss ganz von ihrer Laune oder ihrem Gefühl abhinge, und manchmal fühlt sie sich nach White Stripes und an anderen Tagen halt eher nach Lou Reed. Ich denke, dass es genau das ist, was mir an den 10 Songs des Albums so gefällt – eine gelungene, vielfältige Mischung, für die ich gut gelaunte 9 von 10 Wellenbrecher austeile.